in: Jankrift, Kay Peter: Mit Gott und schwarzer Magie. Medizin im Mittelalter, Darmstadt 2005, S. 23.

Der Mensch in mir

Was ist der Mensch? Eine zentrale Frage, welche bereits seit der Antike die Philosophen beschäftigt. Unter anderem hat sich Aristoteles diesem Thema gewidmet und den Menschen als politisches Tier bezeichnet. Der Mensch, ein Tier, welches von seinem Wesen her dazu fähig ist in einer Gemeinschaft zu leben und diese politisch zu organisieren.

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    Daraufhin ergeben sich weitere Fragen, beispielsweise inwiefern bestimmte politische Strukturen in einer Gesellschaft legitimiert werden können. Anderseits um auf die Individuen selber einzugehen, können Überlegungen zum Wesen des Menschen gemacht werden, zu seiner Selbstverwirklichung. Stellt man die Frage nach dem was der Mensch ist, bauen sich also zwangsläufig andere Fragen darauf auf. Nicht umsonst ist sie also eine der grundlegenden Fragen der Philosophie. In diesem Zug hat die Anthropologie den Menschen zum Gegenstand ihrer Forschung gemacht.

    Die Reflexion über den Menschen selber, seine Natur, seine Funktionen, seine Begierden, sein Verhalten, seine Hoffnungen, allgemein sein Dasein über die Zeitgeschichte hinweg ist allerdings nicht selbstverständlich. Vor allem im Mittelalter dominierte ein theozentrisches Weltbild, sprich ein Gedankengut, welches primär religiös geprägt war und somit Gott im Zentrum der Welt ansah. Erst die anthropozentrische Wende hat den Menschen wieder in den Mittelpunkt der weltlichen Realität gerückt. Mit Hinblick auf die Entwicklung der empirischen Wissenschaften, widmet man sich dem Menschen nicht nur in der Philosophie sondern auch in den Naturwissenschaften. Allerdings geht diesen Überlegungen eine bedeutende Tatsache voraus, und zwar die Fähigkeit der Selbstreflexion. Der Mensch, das Tier, welches nicht nur in Bezug auf andere Tiere Fragen stellt, sondern sich auch mit sich selbst auseinandersetzt, ein Bewusstsein über sich selber hat. Nunmehr ergibt sich daraus die Annahme, dass der Mensch mehr als ein Tier ist. Ein vernunftbegabtes Wesen, welches zwar einerseits biologisch bestimmt ist, aber auch kulturell geprägt wird und in einer sozialen Gemeinschaft seine Existenz führt. Bereits die Frage danach was der Mensch ist, beschreibt eine weitere Wesensbestimmung des Menschen und zwar das Streben nach Wissen und Erkenntnis. Die Fähigkeit über seine Umwelt, seine Mitmenschen und sich selber staunen zu können macht ihn wahrscheinlich einzigartig. Sicherlich können diese Eigenschaft auch anderen Primaten zugeschrieben werden, allerdings scheint der Mensch wenn es darum geht, die aufkommenden Fragen im Laufe seines Lebens zu beantworten, doch besonders zu sein. Er versucht einen Sinn respektiv einen Zweck in seiner Existenz zu finden, und darüber hinaus scheint er auch die Angewohnheit zu haben seine Umwelt zu verzwecken. Dieser Beobachtung folgend ist der Mensch vor allem auch ein moralisches Wesen, welches sich bestimmter Werte bewusst ist, sie in Entscheidungen mit einbezieht, sein Verhalten danach richtet und sich dieser Werte bedient um Urteile zu fällen.

    Um neben Aristoteles auf einen weiteren Philosophen zurückzukehren, möchte ich Immanuel Kant nennen, welcher seine Grundfragen der Philosophie auf genau diese Frage nach dem was der Mensch ist zurückführen kann. Die Frage, nach dem was der Mensch tun soll, im Sinne einer moralphilosphischen Frage, die Frage nach dem was der Mensch wissen kann, sprich eine erkenntnistheoretische Frage und die Frage nach dem was der Mensch hoffen kann, eine eher religionsphilosophisch orientierte Frage, geht die Frage nach dem Wesen des Menschen voraus. Bestimmte Grundannahmen müssen also hingenommen werden, um weitere Reflexionen über das Dasein des Menschen machen zu können.

    Aber was macht den Menschen schlussendlich einzigartig? Was differenziert ihn von anderen Lebewesen? Der Mensch ist ein flexibles Vielfachwesen, ein Homo flexibilis. Durch ihm innewohnende Anlagen, aber genauso durch seine jeweilige Umwelt, in der er lebt, ist der Mensch dazu im Stande eine Vielfalt an Fähigkeiten aus zu üben. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass er neben seinen Funktionen, auch Würde besitzt. Der Mensch darf und sollte nicht nur bestimmten Zwecken dienen.


    Literatur:

    Lenk, Hans: Das flexible Vielfachwesen - Einführung in die moderne philosophische Anthropologie zwischen Bio-, Techno und Kulturwissenschaften, Velbrück Verlag 2009.