Die Integrationsproblematik in der Schweiz

Analyse eines Betroffenen

    Ich denke, es ist zuerst nötig, darüber nachzudenken, wie wir Integration definieren wollen und wie Integration von den schweizerischen kantonalen Behörden in der Praxis verstanden wird.

    Integration bedeutet Anpassung an ein besetehendes Ganzes, das aus einzelnen Teilen besteht. Im Migrationskontext wird der Begriff in dem Sinne verwendet, dass die Zuzüger:innen mit der Aufnehmegesellschaft zu einem Ganzen werden und sich der Gesellschaft anpassen. Im Wesentlichen heisst Integration “die Entstehung von etwas Neuem durch Hinzufügen neuer Komponenten zu bereits Bestehendem – samt aller Handlungen für die Anpassung an diese neue Situation.”

    Unter diesem Aspekt zeigt sich, dass jeder Teil der Gesellschaft von der Integration betroffen ist.

    Mit anderen Worten sollten die Integrationspraktiken nicht nur für uns neue Zuzüger:innen, sondern für die Ganzheit, nämlich für jeden Teil der Gesellschaft, für jede Person angewendet werden.

    Die Analyse “Die Politik ist der intensive Zustand der Wirtschaft” fasst im Wesentlichen die Einstellung und Praxis der Schweizer Behörden zum Integrationsprozess zusammen: Das Ziel des Integrationsprozesses der Schweizer Regierung ist (und diesen Aspekt spüren wir Zuzüger:innen in hohem Masse), dass den anerkannten Flüchtlingen oder den Menschen, welche auf einen Asylentscheid warten, möglichst schnell die Teilnahme am Wirtschaftsleben gewährt wird. (Eine Aus- oder Weiterbildung ist für uns nicht vorgesehen.)

    Gerade diese Einstellung bringt für uns alle ein Problem für das Zusammenleben. Es wird vergessen, dass die Individuen, welche man auffordert, am wirtschaftlichen Leben teilzunehmen, keine Maschinen sind, verschiedene Interessen, Lebensweisen, Lernkompetenzen und Erwartungen haben.

    Der Mensch ist ein soziales Wesen. Ein Teil des gesellschaftlichen Lebens zu sein, bedeutet nicht, nur in dieser Gesellschaft zu arbeiten, sondern an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens teilnehmen zu können

    Eine asylsuchende Person ist eine Person, die aus politischen oder humanitären Gründen keine Möglichkeit gefunden hat, in ihrem Heimatland weiterzuleben, und sich deshalb anstrengt, in einem völlig anderen Land erneut ein Leben aufzubauen.

    Zu den Schwierigkeiten für den Aufbau eines neuen Lebens gehören die Spuren vergangener Erlebnisse. Um in einer neuen Gesellschaft zusammenleben zu lernen und den Prozess für alle Seiten gesund zu managen, braucht jedes Individuum eine psychologische Unterstützung und eine Vorbereitung für ein neues Leben.

    Die Tatsache, dass Asylsuchende in der Schweiz dazu “verurteilt” sind, innerhalb der Gesellschaft zweit- oder drittklassige Arbeiten auszuführen, zementiert ihren untergeordneten Status in der Gesellschaft. Die Behörden, die dazu verpflichtet sein sollten, das Prinzip der positiven Diskriminierung für alle Personen der Gesellschaft anzuwenden, lassen es leider meistens für die Asylsuchenden, welche in den Arbeitsmarkt steigen, nicht gelten.

    Zum Beispiel: Für eine vierköpfige Familie, in der nur eine Person arbeitet, werden zwar die Bedürfnisse entsprechend der Kosten für Miete, Transport, Ausbildung, Lebensmittel und Gesundheit minimal berücksichtigt. Die Bedürfnisse von jedem Individuum nach Mitteln zur Teilhabe am sozialen Leben bleiben hingegen ausser Acht. Gerade Zugewanderte brauchen solche Mittel jedoch in hohem Masse, um sich in der Aufnahmegesellschaft zu integrieren.

    Während es für erwachsene Personen meistens einfacher ist, die Situation, die sie erleben, zu verstehen, zeigt sich für Babies und kleine Kinder ein spezifisches Dilemma. Eltern sollte man aufklären, wie sie ihre kleinen Kinder am Integrationsprozess teilnehmen lassen können, ohne dass diese sich assimilieren müssen oder eine Identitätsstörung erleiden. Es soll dafür pädagogische Unterstützung gewährleistet werden.

     

    (Aus dem Türkischen übersetzt von Eylem Demirci).