Dieser Tage wird im Rahmen der sozialen Medien viel über die Zukunft der Arbeit diskutiert und geschrieben. Da gibt es auf Facebook die Gruppe "Arbeitsplatz der Zukunft"[1], auf Twitter wird unter dem Hashtag #ArbeitsplatzderZukunft[2] gezwitschert und schließlich ist es auch ein Thema in den beruflichen Netzwerken wie etwa auf Xing und LinkedIn, beispielsweise in den Gruppen "Future of Learning and Working" oder auch "Future Workplace".[3] Der besondere Tenor der derzeitigen Diskussion liegt auf der Frage, inwiefern die digitale Revolution das Arbeiten im Sinne der Zusammenarbeit in Unternehmen verändert und wie demzufolge der digitale Arbeitsplatz aussieht. Insbesondere scheint die Frage interessant zu sein, welche Freiheiten der digitale Arbeitsplatz in der Zukunft bietet. Das ist mein Anlass, etwas über die Zukunft der Arbeit zu schreiben und dabei zu versuchen, diese Diskussionen, Entwicklungen und auch unterschiedlichen Vorstellungen philosophisch einzuordnen. Durchaus verstanden in einem "spekulativen" Sinn (Hegel), also im Sinne eines "begreifenden Erkennens" angelegt. Die Zukunft der (digitalen) Arbeit erwächst dabei ganz elementar aus den Widersprüchen und Problemen der Vergangenheit und Gegenwart. Gerade für die digitale Revolution gilt, dass sich alleine aufgrund der Einführung einer Technologie nichts verändert. Weder positiv, noch negativ. Gleich zu Beginn möchte ich auch meinen eigenen Standpunkt unmittelbar deutlich machen: in Zukunft werden wir, dank der digitalen Plattformen, zeitsouverän arbeiten und zugleich während der Arbeitszeit (wieder) "Leben" können.
Die Vergangenheit der Zukunft
"Sie [die Arbeiter] blieben nicht nur an den zahllosen Feiertagen, sondern auch am 'blauen Montag' der Arbeit fern, sie kamen zu spät und gingen zu früh. Sie leisteten sich offizielle und inoffizielle Pausen, in denen geredet, gegessen, bisweilen auch Karten gespielt, gerauft und vor allem viel Bier und Schnaps getrunken wurde. Die Eltern nahmen ihre Kinder zur Arbeit mit und setzten sie als Handlanger ein" (Deutschmann 1990: 84).
Im Zitat von Deutschmann geht es um eine noch gar nicht so lange zurückliegende Vergangenheit, nämlich die Zeit des Übergangs vom Feudalismus und manufakturieller Produktion hin zum Industriekapitalismus mit der Entstehung großer Fabriken. Eines Übergangs, der viele dialektische Widersprüche aufwies und erst über mehrere Jahrzehnte des Widerstreits und Kampfes zur erfolgreichen Etablierung einer neuen gesellschaftlichen Zukunft führte.[4] Die Zukunft hängt für menschliche Gesellschaften deshalb wesentlich von der Vergangenheit ab, weil die jeweiligen Prozesse, Strukturen aber auch Werte und Normen eine deutliche Auswirkung (und oft auch Begrenzung) der Gestaltungsspielräume haben. Dies wird in den ökonomisch-technischen Theorien als Pfadabhängigkeit beschrieben und in den sozial-kulturellen Theorien als Tradition und Struktur. Das gilt auch für die Gestaltung der Arbeit und dabei vor allem den Vorstellungen von Arbeitszeiten. Relativ einheitlich ist mittlerweile die Auffassung, dass die heutige Arbeitsorganisation in den Unternehmen fundamental vom Geiste Frederick Taylors und seiner "wissenschaftlichen Betriebsführung" geprägt worden ist. Er war es, der vor mehr als hundert Jahren die Arbeit in kleinste Schritte unterteilte und dabei vor allem Hand- und Kopfarbeit(er) trennte. Die "einfachen" Beschäftigten hatten sich gemäß dieser Lesart nur den Anweisungen der sich daraus ergebenden Linienhierarchie unterzuordnen. Mit anderen Worten: Sie hatten zu dienen.
Bild: Adolph von Menzel – Das Eisenwalzwerk (1875)
Es gibt nicht nur schriftliche Zeugnisse des Übergangs vom Feudalismus zum entwickelten Kapitalismus. Auch dieses Bild von Adolph von Menzel gehört zu diesen Zeugnissen. Entstanden ist es nämlich aus tatsächlichen Studien von ihm, die schließlich zu dieser Charakterisierung der sich verändernden Arbeit führte. Was hier noch schön zu sehen ist, das sind links und rechts unten am Rand die noch existierenden Lebensbezüge (links Waschen und rechts das gemeinsame Essen mit der Familie) während der Arbeitszeit. Ohne sich übrigens allzu naive Vorstellungen davon zu machen, dass dies auch nur ansatzweise ein "schönes" Leben gewesen wäre.
Dieses System ermöglichte es historisch, viele äußerst unterschiedliche Menschen an einem bestimmten Ort (der Fabrik) zur Zusammenarbeit zu bekommen und miteinander arbeiten zu lassen. Diese Entwicklung endete schließlich in der "Fließbandproduktion", der Herausbildung der Erwerbsarbeit mit einer spezifischen Vorstellung von Arbeitszeit. Diese Entwicklung führte aber auch zu einem nicht zu unterschätzenden "Taylorismus in den Köpfen der Arbeitsgestalter" (Kieser & Walgenbach 42003, S. 380), der bis heute gilt. In einer Kurzform habe ich das im Rahmen meiner Dissertation (Klier 2007) so beschrieben, dass alle lebensweltlichen zeitlichen Bezüge, die als unproduktiv betrachtet wurden, im Rahmen von Industrialisierung und Taylorisierung der Arbeit mühsam aus dem betrieblichen Kontext ausgeschleust worden sind. Arbeitszeit sollte lediglich noch produktive Zeit sein, wiederum am Beispiel des Fließbandes gut zu zeigen. Zugleich wurde sie damit zum Paradigma fremdbestimmter Zeit. Das Beispiel von Industriearbeit am Fließband im Rahmen des sich entwickelnden Kapitalismus war auch die Vorlage für die Entfremdungstheorie von Karl Marx. Arbeiter als bloße Anhängsel der Maschine[5] – das war der technologie- und kapitalismuskritische Albtraum. Keine schöne Zukunft der Arbeit jedenfalls, dem Friedrich Engels als Mitstreiter von Karl Marx bereits früh eine Utopie im Sinne einer etwas naiven Vorstellung vorkapitalistischer Zeiten entgegensetzte.[6]
Die Entfremdung vom "Gattungsleben"
"Denn erstens erscheint dem Menschen die Arbeit, die Lebenstätigkeit, das produktive Leben selbst nur als ein Mittel zur Befriedigung eines Bedürfnisses, des Bedürfnisses der Erhaltung der physischen Existenz. Das produktive Leben ist aber das Gattungsleben. Es ist das Leben erzeugende Leben" (Karl Marx 1844, S. 516).
In seinen Frühschriften ist Karl Marx noch sehr darum bemüht, menschliches Leben und das Zusammenleben in Gesellschaften in Bezug auf die Arbeit und ihre Organisation einzuordnen. Hier steht er in der Tradition des deutschen Idealismus, allem voran Hegel und auch Ludwig Feuerbach.[7] Insofern greift er, wenigstens für mich, in obigem Zitat die historische (europäische) Linie auf, dass Arbeit im Sinne einer willentlichen und bewussten Gestaltung der Umwelt zum Wesensmerkmal von Menschen gehört. Deshalb ist für ihn das produktive Leben gleichbedeutend mit Gattungsleben.[8] Das allerdings im Kapitalismus durch dessen konkrete Gestaltung der Arbeit nicht gelebt werden kann und insgesamt zu einer Entfremdung führt.[9] "Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat – persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen" (Marx 1867, S. 595f). Arbeit rein als Mittel, um die eigene Reproduktion zu sichern und Arbeit entblößt von allen anderen sozialen bzw. lebensweltlichen Bezügen im Arbeitsprozess. Das ist ein Bild, das wesentlich von Marx geprägt wurde und sich bis weit in die Gesellschaft hinein ausgebreitet hat. Ein Bild, das deutlich an der Diskussion um Arbeitszeit und deren Gestaltung abzulesen ist.[10] Aber auch ein Bild darstellt, das zwar sehr umfangreich, aber doch kein vollständiges Abbild der realen Arbeitswelt ist.
Das Bild von Arbeit, das Karl Marx beschreibt, war insofern von vornherein falsch, weil nicht nicht nur zu dieser Zeit jede Arbeit[11] als Fabrikarbeit bzw. tayloristisch organisiert worden ist. Aus meiner Sicht gibt es bei der Frage der Entfremdung vom Gattungsleben vor allem zwei zentrale Aspekte:
- (Produktive) Arbeit wird bei Marx als Abstraktum tatsächlich in dem Sinne verstanden, wie es die Erwerbsarbeit später als zeitlich-abstrahierender Begriff einer rein chronometrischen Zeit in sich trägt.
- Dabei impliziert die konkrete Ausführung über das Gattungsleben eine sehr individualistische Sicht auf das Thema Arbeit bzw. setzt die individualistische Sicht der europäischen Tradition fort.[12]
Letztlich bleibt Karl Marx für mich recht vage in der genauen Beschreibung dessen, was konkrete Eigenschaften des Gattungslebens sein könnten und wie dementsprechend eine Entfremdung, oder genauer eigentlich eine Nicht-Entfremdung vom Gattungsleben aussehen würde. Ich selbst habe meine Arbeit immer auch anders erlebt, weshalb ich mit dieser einseitigen Interpretation nie zufrieden war. Für mich gab (und gibt) es innerhalb der Arbeit immer Aspekte, die nicht rein fremdbestimmt waren bzw. lebensweltlich einzuordnen sind. Situationen, in denen ich mich nicht entfremdet fühlte.
Das Gattungsleben - digital gesehen
"Wir tauchen nicht mehr aus der 'realen' Welt in die 'virtuelle' Welt ein, sondern wir nutzen einen gigantischen Informationsraum als neue Dimension sozialen Handelns!" (Boes et al. 2015).
Noch vor aller digitalen Revolution ergeben neuere wissenschaftliche und empirische Erkenntnisse bezüglich der Arbeit der Gattung Homo Sapiens in meinen Augen ein völlig anderes und neues Bild des "Gattungslebens", als es Karl Marx oder Frederic Taylor gezeichnet haben. Sie zeigen nämlich, dass die Zusammenarbeit von Menschen eine immer schon gegebene Kollaboration im Rahmen von Gruppen bedeutet hat und darstellt. Gattungsleben bedeutet gemäß dieser Interpretation, dass es der Mensch "in einem beispiellosen Ausmaß" geschafft hat, "in Gruppen kooperativ zu handeln und zu denken". Und "die beeindruckendsten kognitiven Leistungen von Menschen" sind in der Regel keine "Produkte allein handelnder, sondern gemeinsam agierender Individuen" (Tomasello 2010, S. 13). Arbeit bedeutet, und hat immer auch bedeutet, dass es im Rahmen dieser Kooperationen um Anerkennung geht, Kritik gibt, Konflikte zu lösen sind und letztlich vielfach auch intime Beziehungen entstehen (können). Insofern ist es ganz und gar nicht zufällig, dass das Gattungsleben im Rahmen der digitalen Transformation neu ausbuchstabiert wird. Die digitalen Plattformen kommen deshalb explizit ins Spiel, weil erst sie, als Ausgangs- und Zielpunkt der digitalen Transformation, verbunden mit den Möglichkeiten von sozialer Software (Web 2.0), den (digitalen) Informationsraum als neuen sozialen Handlungsraum in einem realen Sinn entstehen lassen. Eine echte digitale Kollaboration kann dabei nur stattfinden, wenn die vernetzten Beschäftigten sich auf Augenhöhe begegnen. Sie werden zu Peers, also Gleichgestellten im Arbeitsprozess. Und ermöglichen damit, die soziale Seite des Gattungslebens (wieder) aktiv und vor allem während der Arbeitszeit zu vollziehen.
Bild: Ausschnitt aus Lars Ploughmans "Taylorism"
Sinnbild für die Entfremdung in der Arbeitswelt mag diese Darstellung von Lars Ploughman bezüglich einer tayloristischen Arbeitsorganisation sein. Neben der gnadenlosen Vereinzelung und rein ausführenden Tätigkeit gibt es natürlich auch das Problem von "Command and Control" sowie eines maschinenhaften Aufbaus. Vor allem aber findet tatsächlich eine Entfremdung von dem Vermögen von Menschen, kollaborativ zusammenzuarbeiten, statt.[13] Dies geht sogar so weit, dass aus ursprünglich geborenen "Teamplayern" Menschen werden können, die individuell nur noch das arbeiten, was ihnen direkt "angeschafft" wird.
Zurück kommt damit letztlich die Möglichkeit, die im Rahmen der Industrialisierung mühsam ausgeschleuste Lebenswelt während der Arbeit zu leben: weil nun nämlich durch neue Arbeitszeitarrangements, beispielsweise der Vertrauensarbeitszeit, wieder wichtige Elemente des privaten Zusammenlebens während der Arbeitszeit und an unterschiedlichen Orten (via digitale Plattformen) erledigt werden können.[14] In einer Kurzformel ausgedrückt: Arbeitszeit = Lebenszeit. Etwas ausführlicher: Es geht im Rahmen der digitalen Revolution nicht (mehr) darum eine "Freiheit von der Arbeit" zu erreichen nach deren Erledigung "gelebt" werden kann.[15] Es geht vielmehr darum, "Freiheit in der Arbeit" (Mückenberger 2007, S. 195) zu ermöglichen. Und damit Zeitautonomie zu erreichen, um Arbeit (wieder) als Teil des Gattungslebens von Menschen zu verwirklichen.
"Hell aus dem dunklen Vergangnen …"[16]
"Spekulativ denken heißt, ein Wirkliches auflösen und dieses in sich so entgegensetzen, daß die Unterschiede nach Denkbestimmungen entgegengesetzt sind und der Gegenstand als Einheit beider aufgefasst wird" (Hegel 1986, S. 30).
Derzeit gibt es tatsächlich zwei digitale Entgegensetzungen: dem Versprechen echter und selbstbestimmter, weil vernetzten Kollaboration, steht die Vorstellung eines "digitalen Fließbandes" gegenüber (Boes 2015). Und natürlich werden viele digitale Plattformen zunächst als erweitertes und raffinierteres tayloristisches Konzept eingeführt.[17] Doch die starke Pfadabhängigkeit von Technologien kann in bestimmten Phasen disruptiv unterbrochen werden.[18] Im Kontext der digitalen Revolution spielt dabei nicht nur die Unterbrechung der Pfadabhängigkeit im technologischen Sinn eine Rolle. Es geht vor allem um die sozialen Disruptionen. Zwar prägen die Strukturen der Vergangenheit und die vorherrschende Kultur die Menschen tiefgreifend. Doch weil sie Menschen sind, bleiben sie als Gattungswesen widerständig, auch in der maschinenhaft konstruierten tayloristischen Arbeitswelt. Daraus ergeben sich die vielfältigen Konflikte und Widersprüche, die zu einer echten "Aufhebung"[19] der Gegensätze und Widersprüche führen können. Und in der Tat: Was sich im Moment abzeichnet, ist ein ganz anderes Verständnis von Arbeit und neue Ansprüche an die Arbeit. Sowie, eng damit verbunden, ein anderes und neues Menschenbild derjenigen, die zusammenarbeiten (wollen).[20] Und dieser Widerspruch erwächst aus den Wünschen der Menschen selbst, die ihr Gattungsleben in der Arbeit wieder erleben wollen und dies über veränderte Wertvorstellungen im Sinne von Ansprüchen an die Arbeit kommunizieren.[21] Die dialektischen Widersprüche, die im Moment bezüglich der Arbeit und vor allem Arbeitszeitgestaltung zu sehen sind, kann man im Prinzip sogar im gleichen Unternehmen sehr gut beobachten. Sie haben natürlich noch viele andere Anteile, nicht nur den der sozialen Gestaltung der Lebenswelt im Rahmen von Arbeitszeit als bezahlte Arbeitszeit. Und natürlich spielt die konkrete Technologie wiederum eine wichtige Rolle im Rahmen von Arbeitsprozessen und ihrer konkreten Ausgestaltung. Dennoch: Hier kommt der ureigenste Wunsch von Menschen nach Gerechtigkeit und Gleichbehandlung, und damit der Gestaltungswille ihres Gattungslebens, zum Ausdruck. Quasi das sehnsüchtige Verlangen danach.[22] Und hier treffen wir wieder auf den unverfälschten Hegel, für den immer klar war, dass Menschen sich erst im Spiegel der wertschätzenden Reflexion anderer Menschen zum Menschsein entwickeln können. Was selbstverständlich oder vielleicht sogar zu allererst im Rahmen von Arbeit und der Zusammenarbeit gilt.[23]
Die Einheit des Gegenstandes: Entscheidend kommt es im Rahmen der digitalen Revolution darauf an, wie die Arbeitsprozesse gestaltet werden und welche Rolle die Menschen dabei innehaben. Das spannende daran ist für mich, dass eine dialektische Auflösung deshalb erfolgt, weil diese neue Form (digitaler) Zusammenarbeit nicht nur auf neu formulierte Ansprüche gegenüber der Arbeit zurückzuführen sind, sondern auch ökonomisch produktiver ist.[24] Mit anderen Worten: es geht nicht nur um eine Veränderung der Arbeitsprozesse und Arbeitszeitgestaltung aus reiner Menschenliebe. Berücksichtigt man Arbeit als elementares Element des menschlichen Gattungslebens, dann ergeben sich für Unternehmen auch bessere Produkte oder innovative Dienstleistungen, wenn sie zu einer echten sozialen Kollaboration übergehen. Nur dann, wenn sich die Neugestaltung tatsächlich an der Wesensbestimmung von Menschen ausrichtet, sind digitale Plattformen mehr als ein weiteres Werkzeug tayloristischer Arbeitsgestaltung. Dass eine solche Neugestaltung stattfindet, dafür sorgen wiederum die Menschen selbst. Zumindest dann, wenn sie dazu befähigt werden, die Arbeitsprozesse, die darauf aufbauenden Organisationen und schließlich die Gesellschaft selbst partizipativ mitzubestimmen. Um gemäß dem Gattungswesen zeitsouverän arbeiten und zugleich kollaborativ zusammenleben zu können.
Literatur
Augenhöhe, Projektteam (2015 & 2016): Filme unter http://augenhoehe-film.de/de/film/augenhoehefilm/ sowie http://augenhoehe-wege.de/
Boes, A.; Kämpf, T.; Langes, B. & Marrs, K. (Hrsg.) (2015): Dienstleistung in der digitalen Gesellschaft 2. Ergebnisse aus Forschung und Praxis. München. Verfügbar unter: http://digit-dl-projekt.de/wp-content/uploads/2015/07/digitDL-Broschure02_web2.pdf
Deutschmann, C. (1990): Der Normalarbeitstag. Historische Funktion und Grenzen des industriellen Zeitarran-gements. In König, H.; Greiff, B. v. & Schauer, H. (Hrsg.): Sozialphilosophie der industriellen Arbeit. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 77 – 95
Engels, F. (1845): Die Lage der arbeitenden Klasse in England (MEW 2); Verfügbar unter: http://www.mlwerke.de/me/me02/me02_225.htm
Glennie, P. & Thrift, N. (1996): Reworking E. P. Thompson´s 'Time, Work-discipline and Industrial Capitalism' in: Time & Society Vol. 5(3), S. 275 - 299
Hegel, G.W.F. (1986): Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Bd. 16/20, Frankfurt: Suhrkamp Hegel, G.W.F. (1807): Phänomenologie des Geistes, Kapitel 4. Verfügbar unter: https://www.marxists.org/deutsch/philosophie/hegel/phaenom/kap4.htm#sa
Kieser, A. & Walgenbach, P. (42003). Organisation. Stuttgart: Schaeffer-Poeschl
Klier, A. (2007): Betriebliche Synchronie. Marburg: Tectum
Klier, A. (2010): Die Rückkehr der Lebenswelt in die Arbeit. Erschienen in: Groß, H.; Seifert, H. (Hrsg.): Zeitkonflikte: Renaissance der Arbeitszeitpolitik. Berlin: Edition Sigma, S. 313 - 339
Marx, K. (1844): Ökonomisch-philosophische Manuskripte; Marx-Engels-Werke (MEW) Band 23. Verfügbar unter: http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_000.htm
Marx, K. (1867): Das Kapital, Bd. 1; Marx-Engels-Werke (MEW) Band 40. Verfügbar unter: http://www.mlwerke.de/me/me40/me40_510.htm
Marx, K. (1969): Thesen über Feuerbach; Marx-Engels-Werke (MEW) Band 3. Verfügbar unter: http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_005.htm
Maurer, A. (1992): Alles eine Frage der Zeit? Die Zweckrationalisierung von Arbeitszeit und Lebenszeit. Berlin: Edition Sigma
Mückenberger, U. (2007): Ziehungsrechte - Ein zeitpolitischer Weg zur "Freiheit in der Arbeit"? In: WSI Mitteilungen Nr. 4/2007, S. 195 - 201
Thompson, E. P. (1967): Time, Work-Discipline and Industrial Capitalism. In: Past and Present Nr. 38, Oxford: University Press, S. 56-97; Verfügbar unter: http://tems.umn.edu/pdf/EPThompson-PastPresent.pdf
Tomasello, M. (2010): Warum wir kooperieren. Berlin: Suhrkamp
[1] Unter der URL https://www.facebook.com/groups/279721125383521/permalink/1154093894612902
[2] Das ist nur beispielhaft gemeint. Die Diskussion findet unter mehreren Hashtags statt, wie beispielsweise #futureofwork oder #neuearbeit.
[3] Auf Xing beispielsweise auch Arbeitsalltag 4.0 oder The Future of Work - Die Arbeitswelt von morgen
[4] Den kulturellen Kampf um die Arbeitszeit und vor allem Zeitdisziplin im Frühkapitalismus und bei der Einführung fabrikmäßiger Arbeitsorganisation im Rahmen der Industrialisierung beschreiben Deutschmann (1990), Maurer (1992) und vor allem Thompson (1967) sehr schön.
[5] "In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine. Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung er hier zu folgen hat. In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig von ihnen, und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt" (Marx: Das Kapital MEW 23, S. 445).
[6] "Auf diese Weise vegetierten die Arbeiter in einer ganz behaglichen Existenz und führten ein rechtschaffenes und geruhiges Leben […], ihre materielle Stellung war bei weitem besser als die ihrer Nachfolger; sie brauchten sich nicht zu überarbeiten, sie machten nicht mehr, als sie Lust hatten, und verdienten doch, was sie brauchten, sie hatten Muße für gesunde Arbeit in ihrem Garten oder Felde, eine Arbeit, die ihnen selbst schon Erholung war, und konnten außerdem noch an den Erholungen und Spielen ihrer Nachbarn teilnehmen […]. Sie waren meist starke, wohlgebaute Leute […]. Ihre Kinder wuchsen in der freien Landluft auf, und wenn sie ihren Eltern bei der Arbeit helfen konnten, so kam dies doch nur dann und wann vor, und von einer acht- oder zwölfstündigen täglichen Arbeitszeit war keine Rede" (Engels 1845, S. 238).
[7] Den er zwar gerade bezüglich seiner Religionsvorstellung kritisiert, aber dadurch eben auch als Vorlage des "Gattungswesens" Mensch akzeptiert und für ihn positiv wendet. "Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" (Marx 1969, S. 5).
[8] Gattung versteht Marx hier im Sinne der biologischen Art von Menschen und philosophisch als Idee vom Menschsein durch "freie und bewusste Tätigkeit".
[9] "Indem die entfremdete Arbeit dem Menschen 1. die Natur entfremdet, 2. sich selbst, seine eigne tätige Funktion, seine Lebenstätigkeit, so entfremdet sie dem Menschen die Gattung; sie macht ihm das Gattungsleben zum Mittel des individuellen Lebens. Erstens entfremdet sie das Gattungsleben und das individuelle Leben, und zweitens macht sie das letztere in seiner Abstraktion zum Zweck des ersten, ebenfalls in seiner abstrakten und entfremdeten Form" (Marx 1844, S. 516).
[10] Damit meine ich vor allem die wichtigen tariflichen Errungenschaften der quantitativen Arbeitszeitverkürzung und Entlohnung im Rahmen fremdbestimmt Arbeit. Die qualitativen Aspekte der Arbeit, beispielsweise lebensweltliche Zusammenhänge waren (leider) nur selten Thema einer Gestaltung durch die Gewerkschaften.
[11] Beispiele hierfür wären die sogenannte Wissensarbeit oder auch kreativen Tätigkeiten. Und schließlich die gesamte "Reproduktionsarbeit" in den Familien, um deren Deutung und Bedeutung regelrechte Grabenkämpfe im Sinne einer marxistischen Interpretation toben.
[12] Was entgegen der Absicht von Karl Marx ist, weil er sich ja gerade damit beschäftigt, inwiefern sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Individuen widerspiegeln.
[13] Speziell in der Arbeitssoziologie wird dies unter der Problematik der Überführung des menschlichen "Arbeitsvermögens" in konkrete Arbeit diskutiert und verhandelt. Diese Überführung funktioniert in kollaborativen zusammenhängen wesentlich einfacher und reibungsloser.
[14] Hierzu habe ich mich theoretisch umfassender im Beitrag "Die Rückkehr der Lebenswelt in die Arbeit" (2010) beschäftigt.
[15] Erst aus dieser Entgegensetzung ergeben sich letztlich auch all die großen Probleme einer Entgrenzung von Arbeitszeit. Eine Lösung muss demzufolge zwei Richtungen zugleich verfolgen: eine Entgrenzung der Arbeitswelt, die nun auch private Anteile als Arbeitszeit berücksichtigen muss und darüber vielfältige Unterstützung geben kann, sowie eine Leistungspolitik, die die unterschiedlichen Zeiten entsprechend berücksichtigt.
[16] "… leuchtet die Zukunft hervor". Das ist das Ende der ersten Strophe des tradierten Arbeiterliedes "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit". Es ist nicht zufällig, dass gerade die Arbeiterbewegung in Deutschland sich mit diesen Aspekten von Arbeit auseinandergesetzt hat. Und dennoch die lebensweltlichen Aspekte während der Arbeit vergessen hat.
[17] In genau diesen Fällen scheitern der Erfahrung bei Beck et al. Services nach diese Projekte. Die Quote dürfte, ähnlich wie bei Change Projekten grundsätzlich, bei annähernd 90 % liegen.
[18] So zumindest sieht es Josef Schumpeter, wenn er von der schöpferischen Zerstörung durch technologische Erfindungen spricht.
[19] Auch hier kann ich letztlich Karl Marx folgen, der an dieser Stelle ein treuer Hegelschüler ist: denn die Aufhebung des Kapitalismus bedeutet auch für ihn nicht, in (einfach) abzuschaffen. Vielmehr muss es darum gehen, die positiven Aspekte stark zu machen und auf eine neue Ebene gesellschaftlichen Zusammenlebens zu heben, welche die dabei bestehenden Probleme löst. Das ist letztlich die im Zitat postulierte neue Einheit der Gegensätze.
[20] Arbeit verstanden als Erwerbsarbeit selbst ist also zu einem Problem geworden. Und das noch vor jeder digitalen Revolution oder Transformation. Insofern gibt es auch viele ermutigende Beispiele ganz analoger Arbeitsprozessgestaltungen im hier gemeinten Sinn. Beispielhaft gezeigt im Rahmen der Augenhöhe Filme (2016).
[21] Ich denke, dass man das vor allem an den vielen Umfragen festmachen kann, die sich mit Werten und Normvorstellungen in der Arbeit auseinandersetzen. Hier hat sich eine fundamentale Veränderung ergeben, die nicht nur jüngere Generationen betrifft.
[22] "… bis eurer Sehnsucht Verlangen Himmel und Nacht überschwillt!" Das ist das Ende der zweiten Strophe des Liedes Brüder, zur Sonne, zur Freiheit. Der Zug der Millionen, der aus Nächtigem, nämlich tayloristischen und hierarchischen Großorganisationen, quillt, kommt nun plötzlich digital, über digitale Plattformen vernetzt, daher. Zumindest nach meiner Lesart.
[23] Ich beziehe mich hier auf das zentrale Kapitel "Herrschaft und Knechtschaft", das Hegel (1807) in seinem Werk der Phänomenologie des Geistes schreibt. Im geht es dabei vor allem um dieses Verhältnis der Arbeit. Bereits im ersten Satz dieses Kapitels nimmt er jedoch vorweg, was für ihn das Gattung Leben des Menschen ausmacht (Hervorhebungen im Original): "Das Selbstbewußtsein ist an und für sich, indem, und dadurch, daß es für ein Anderes an und für sich ist; d.h. es ist nur als ein Anerkanntes."
[24] Man könnte mit Hegel auch von der "List der Vernunft" reden.