Bözingen (Biel/Bienne), den 2. Juli 2020
Guten Tag
Mit unserer Aktion protestieren wir gegen unsere Isolation und Diskriminierung. Alle haben ein Recht auf Leben und Freiheit, aber das Camp, in dem wir leben müssen, und alle Rückkehrzentren sind offene Gefängnisse am Rande der Gesellschaft. Wir werden hier isoliert. Wir fordern:
Keine Freiheitsbeschränkungen wegen Unterschriftenzwang: Im Kanton Bern müssen abgewiesene Asylsuchende jeden Tag im Camp sein und zwischen 8:30 Uhr und 10:30 Uhr persönlich bei der ORS AG unterschreiben. Wer nicht unterschreibt, bekommt die 8 Franken Nothilfe an diesem Tag nicht. Da wir sonst kein Geld haben dürfen, ist das eine sehr harte Strafe. Wer mehrere Tage nicht unterschreibt, riskiert weitere Probleme. Diese neue Regel verstösst gegen unsere Grundrechte auf Bewegungsfreiheit und das Grundrecht auf Privat- und Familienleben. Wir lehnen diese Freiheitsbeschränkungen im Rückkehrzentrum ab!
Keine Arbeit ohne Mindestentschädigung: Bisher haben wir 2 Franken pro Stunde erhalten, wenn wir für das Camp geputzt oder gearbeitet haben. Für uns Menschen, die mit 8 Franken Nothilfe pro Tag überleben müssen, waren diese 2 Franken wichtig. Neu müssen Reinigung und andere Arbeiten, die wichtig sind, um das Camp sauber zu halten, gratis gemacht werden. Wir sind gegen dieses System!
Keine krankmachenden Lebensbedingungen: Im Rückkehrzentrum haben wir keinen freien Zugang zum Gesundheitssystem. Nicht wir entscheiden darüber, ob wir ins Spital gehen oder ärztliche Behandlung erhalten, sondern das - teilweise nicht gut geschulte - Personal der ORS AG. Menschen, die dringend gute Behandlung nötig haben, bekommen teilweise nur Schmerzmittel oder Antidepressiva. Wir fordern einen freien Zugang zum Gesundheitssystem und fordern den gleichen Zugang zum Gesundheitssystem, den auch andere Menschen in der Schweiz haben.
Respekt: Das Personal der ORS AG und der Securitas AG muss uns respektieren und soll uns unterstützen, statt nur verwalten. Wir sind Menschen. Unsere Leben zählen. Viele von uns machten schlechte Erfahrungen. Angestellte begegnen uns nicht immer mit Respekt und setzten uns oft unter Druck. Wie können wir uns gegen diese Situationen wehren? Viele Menschen, die nicht in Zentren leben müssen, denken, wir sind kriminell. Aber wir sind nicht zum Spass in der Schweiz, sondern weil wir nicht anders können. Wir sind seit Jahren hier – einige schon seit Jahrzehnten. Wir haben viel Zeit unseres Lebens verloren. Hört auf uns zu diskriminieren. Hört auf uns ausschaffen zu wollen. Wir brauchen Respekt und Gleichberechtigung im Zugang zu Arbeit, Wohnungen, Gesundheit und Bildung. Wir sind auch Menschen!“