Auf den Spuren der Ontologie in der Schweiz

Präsentation eines laufenden Forschungsprojekts

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    Ontologie als neues Modell der Metaphysik: Eine terminologische, institutionelle und intellektuelle Geschichte. Kurze Einführung in das Problem

     

    Die Metaphysik (oder erste Philosophie) war für Aristoteles, gemäß der Definition in den Büchern IV und VI der Metaphysik, die Wissenschaft vom Seienden als Seiendes, verstanden für sich selbst und mit allem, was sich notwendigerweise auf vielfältige Weise auf das Seiende bezieht.

    Lateinische mittelalterliche Autoren hatten diese Lehre übernommen und die Wissenschaft vom Sein auf die Wissenschaft von Gott und den separaten Substanzen ausgedehnt, die als Prinzipien des Seins im Allgemeinen betrachtet wurden und daher eng mit ihm verbunden waren1. Obwohl die Metaphysik streng genommen das Seiende als Seiendes zum Gegenstand hatte, befasste sie sich auch mit Gott und den Engeln und betrachtete auf unterschiedliche Weise die Ursachen alles Existierenden2.

    In der Scholastik der Reformationszeit wird der Prozess der Auflösung der formalen Einheit zwischen der Wissenschaft vom Sein und der Wissenschaft von Gott, der bereits mit der Rezeption von Al-Fārābī und Avicenna durch Duns Scotus begonnen hatte, endgültig vollendet und mündet in eine neue Konzeption der Metaphysik, die ihren Ausdruck in der Erstellung neuer Handbücher findet, die ein neues Modell der Metaphysik vorschlugen. In der Scholastik der Reformationszeit wird der Prozess der Auflösung der formalen Einheit zwischen der Wissenschaft vom Sein und der Wissenschaft von Gott, der bereits mit der Rezeption von Al-Fārābī und Avicenna durch Duns Scotus begonnen hatte, endgültig vollendet und mündet in eine neue Konzeption der Metaphysik, die ihren Ausdruck in der Erstellung neuer Handbücher findet, die ein neues Modell der Metaphysik vorschlugen. Der Status und der Gegenstand der Metaphysik wurden auf diese Weise neu gedacht, und die Metaphysik wurde zur Wissenschaft vom Sein als Sein zurückgeführt und in Ontologie verwandelt. Gleichzeitig wird der Wissenschaft von Gott (der der gesamte Bereich der Wirklichkeit entzogen wird) der Status einer Universalwissenschaft entzogen, den sie jahrhundertelang in der langen Tradition der Kommentare zum sechsten Buch der Metaphysik von Aristoteles innehatte.

    Die komplexe Geschichte der Ontologie und die Prozesse, durch die sich dieser erkenntnistheoretische Wandel vollzog, sind gleichzeitig terminologisch, institutionell und konzeptuell. Es ist bereits bekannt, dass der Begriff “Ontologie” in der Schweiz zum ersten Mal 1606 in einem Handbuch, der Ogdoas scholastica3, veröffentlicht von Jacob Lorhard, Rektor des reformierten St. Katharinen-Gymnasiums in St. Gallen, vorkommt4. Lorhard war einer der ersten, die nicht nur eine Rückkehr zur Metaphysik vorschlugen, sondern sich vielmehr für ein ganz bestimmtes Modell der Metaphysik aussprachen, das Lorhard mit dem Neologismus ,Ontologie‘ beschrieb.

    Innerhalb dieses neuen Modells, wie es von Lorhard beschrieben wird, sollte der Bereich der Metaphysik die Behandlung der so genannten “supertranszendentalen” Begriffe wie intelligibile, aliquid, ens usw. einschließen, d.h. jene allgemeinen Prinzipien und Eigenschaften, die über die Kategorien des Aristoteles hinausgehen, über die realen Dinge hinaus anwendbar sind und daher zu einer supertranszendentalen Rangstufe gehören. Diese Prinzipien, verstanden als Instrumente der rationalen Tätigkeit, bildeten die Grundlage für die Möglichkeit, die Welt zu erkennen und zu verstehen, und somit auch die Voraussetzung für die wissenschaftliche Tätigkeit und die Bestimmung ihres Gegenstands. Der breite Raum, den Lorhard der Behandlung dieser Begriffe widmet, erklärt sich gerade aus der Notwendigkeit, sowohl das neue Untersuchungsfeld der Metaphysik als auch ihre eigenen Instrumente klar und deutlich zu bestimmen, Diese Prinzipien, verstanden als Instrumente der rationalen Tätigkeit, bildeten die Grundlage für die Möglichkeit, die Welt zu erkennen und zu verstehen, und somit auch die Voraussetzung für die wissenschaftliche Tätigkeit und die Bestimmung ihres Gegenstands. Der große Raum, den Lorhard der Behandlung dieser Begriffe widmet, erklärt sich gerade aus der Notwendigkeit, sowohl das neue Untersuchungsfeld der Metaphysik als auch die ihr eigenen Instrumente klar und deutlich zu bestimmen. Denn bevor man die konkreten Dinge, aus denen die reale Welt besteht, betrachtet, um sie zu klassifizieren, ist es notwendig, über die allgemeinen Begriffe nachzudenken, die wir hierfür verwenden - das heißt, allgemeingültige rationale Instrumente zur Untersuchung zu festzulegen. Dadurch machte sich Lorhard die weit verbreiteten Ansprüche seiner Zeit zu eigen, und er gab mit seinem Neologismus ‚Ontologie‘ einen Namen für ein präzises Modell der Metaphysik, das sich in den Jahrhunderten zwischen dem Mittelalter und der Moderne allmählich als allgemeingültiges Wissen etabliert hatte. In der Tat zeichnete das von Lorhard vorgeschlagene Modell der Metaphysik dasjenige nach, das der Reformierte Clemens Timpler (1563-1624) in seinem Metaphysicae systema methodicum5 (1604) zwei Jahre vor Lorhards Ogdoas scholastica vorgeschlagen hatte, und griff es mit Ergänzungen auf. Dank dem Marburger Philosophieprofessor Rudolf Göckel (1547–1628) wurde dann das Wort ‚Ontologie‘ in dem philosophischen Wortschatz eingebürgert: Er nahm das Wort Ontologie in sein 1613 veröffentlichtes Lexicon philosphicum6 auf und ermöglichte damit seine weite Verbreitung.

    Neuere Studien in Luzern starteten die systematische Untersuchung dieses Modells der Metaphysik, wie es an dem Ort verstanden und ausgearbeitet wurde, an dem das Wort "Ontologie" entstand, d.h. in der Schweiz. Das Projekt Metaphysik und Ontologie in der Schweiz im Zeitalter der Reformation (1519-1648) (finanziert für die Jahre 2016-2019 vom Schweizerischen Nationalfonds und durchgeführt von Marco Lamanna und Alice Ragni) legte den Grundstein für diese neue Forschungsrichtung und zeigte dass die Rolle der Schweiz nicht auf rein lexikalische Aspekte beschränkt ist. Die Wortneuschöpfung ‚Ontologie‘ ist nicht die isolierte Frucht, die zufälligerweise in einem Land am Rande der philosophischen und theologischen Debatten des 17. Jahrhunderts fiel, sondern das natürliche Ergebnis einer intellektuellen Blüte in der Schweiz, die sich direkt in den allgemeineren Kontext der frühneuzeitlichen Diskussionen über Metaphysik und Ontologie einfügte und damit all die Herausforderungen annahm, die von den metaphysichen Projekten der Jesuiten Pedro da Fonseca (1528-1599), Benedictus Perera (1535-1610) und Francisco Suárez (1548-1517) an die moderne Welt eröffnet wurden7.

    Ein rascher Einblick in die Bibliotheksarchive genügte, um festzustellen, dass in den schweizerischen Bildungsinstitutionen die Frage nach dem epistemologischen Status der Metaphysik, nicht nur intensiv diskutiert wurde, sondern auch unmittelbare Auswirkungen auf die Organisation der Studiengänge und -fächer hatte. Diese waren in den verschiedenen Bildungsinstitutionen sehr unterschiedlich, und zwar nicht je nach ihrer konfessionellen Ausrichtung (d.h. reformiert oder monastisch), sondern vielmehr je nach ihrem philosophischen Horizont (d.h. inwieweit und in welcher Form ‚ontologisch‘ geprägt).

    Die Nachforschungen in den Archiven führten zur Entdeckung von bedeutenden handschriftlichen Texten, die zeigen, dass ein bedeutender Beitrag zu den Studien über die Geschichte der Ontologie in der Schweiz in der Analyse der monastischen Metaphysik liegt, d.h. der Metaphysik, die in den Schulen der Klöster gelehrt wurde. Durch ein zweites dreijähriges, vom Schweizerischen Nationalfonds finanziertes Projekt (2020-2023) an der Theologischen Fakultät Luzern (Leiter: Prof. Dr. Giovanni Ventimiglia) mit dem Titel "Zwischen monastischer und reformierter Metaphysik. Die schweizerische 'Wiege' der Ontologie im Zeitalter der Reformation" hat sich die Forschung über die so genannte 'Geburt' der Ontologie und die Geschichte der Metaphysik in der Schweiz in der Neuzeit also in die Klostermauern bewegt.. Die Methode besteht darin, 1. eine systematische und umfangreiche Dokumentation zu erstellen, die sich auf einen Index von größtenteils bereits identifizierten Manuskripten und gedruckten Texten stützt, die von der Existenz einer kulturellen Blühte in der Schweiz zeugen, die bisher unerforscht geblieben ist, mit Ausnahme von ihren lexikalischen Aspekten – deren Auswertung, wenn sie nicht durch eine philosophische Studie ergänzt wird, ziemlich steril bleibt. 2. Diese Dokumentation soll auf eine solide Textgrundlage gestellt werden, indem die Texte, die hinsichtlich ihres Inhalts und ihres Einflusses als interessant erachtet werden, kritisch ediert werden, um sie der wissenschaftlichen Gemeinschaft und den Lesern zugänglich zu machen. 3. Schließlich werden wir die spezifischen Aspekte der in diesen Manuskripten überlieferten Lehren untersuchen.

    Im Folgenden werde ich diese Forschung vorstellen, indem ich einen allgemeinen Überblick über einige der Etappen und die kulturellen und institutionellen Kontexte (insbesondere St. Gallen und Engelberg)8 gebe, in denen sich die von uns untersuchten philosophischen Bewegungen entwickelt haben, um den Leserinnen und Lesern die Werkzeuge und Koordinaten an die Hand zu geben, um ihren Spuren zu folgen.

     

    1. Die Ontologie als interkonfessionelle Wissenschaft in St. Gallen

    Die ersten Ergebnisse der von Marco Lamanna und Alice Ragni in St. Gallen durchgeführten Forschung wurden in Lamanna, Zwischen Real- und Supertranszendentalwissenschaft Der Metaphysikunterricht und die ‚Geburt‘ der Ontologie in St. Gallen im Zeitalter der Reformation, in: Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen 39 (2018) 2, S. 69-84, veröffentlicht, auf den ich mich hier direkt berufe.

    Joachim Vadian (1484-1551) hatte die Reformation in die Stadt gebracht9. Seither war (und ist auch heute noch) St. Gallen in zwei Konfessionsteile geteilt: ein monastischer und ein reformierter. Neben dem reformierten Gymnasium, in dem Jacob Lorhard tätig war, befand sich die jahrhundertealte Benediktinerabtei (Fürstabtei). Hier gab es eine Klosterschule, deren Lehrplan im 17. Jahrhundert grundlegend neuorganisiert wurde – bis zur Einrichtung von Kursen in Metaphysik. Die Fallstudie von St. Gallen erlaubt also, in den Grenzbereich zwischen reformierter und monastischer Metaphysik vorzudringen.

    Pius Reher (1597–1654) war zwischen 1630 und 1654 Abt von St. Gallen und setzte sich sehr energisch für die Ausbildung der St. Galler Mönchen ein. Daher überrascht es nicht, dass während seiner Amtszeit die Abtei St. Gallen zu einem Diskussionsort wurde, an dem metaphysische Themen in Disputationes und Thesen erörtert wurden. Dies erfolgte insbesondere durch 33 Jahre lang als Theologieprofessor an der Klosterschule tätigen Modestus Spiess (1598–1666), der ein starkes Interesse an scholastischer Metaphysik und natürlicher (philosophischer) Theologie zeigte. Die Wiederentdeckung von gedruckten Disputationen zwischen jungen Professen und Spiess10 gelang im Rahmen des Forschungsprojekts „Metaphysik und Ontologie in der Schweiz im Zeitalter der Reformation (1519-1648)“. Die Analyse dieser Texte hat jedoch gezeigt, dass die Mönche von St. Gallen kein Interesse an der Debatte über Supertranszendentalien zeigten, die im reformierten Gymnasium geführt wurde. Sie verstanden Ontologie eher als Wissenschaft des Realseiendes.

    Die Unterschiede zwischen den Arten, Metaphysik in den beiden Konfessionsteilen von St. Gallen zu lehren, entsprachen nicht einem konfessionellen Unterschied. Sie waren vielmehr ein Zeichen der Anhlenung an die eine oder die andere von den Jesuiten aufgezeigte Denkrichtung: Gemäß der ersten waren Metaphysik und Ontologie nicht zwei getrennte Disziplinen, sondern eine einzige Wissenschaft, die sich mit dem Seienden im Allgemeinen und den rationalen Mitteln zu seiner Erforschung (d.h. den supertranszendentalen Begriffen) befasste. Die Anhänger der ersten beriefen sich auf Fonseca und verstanden, genau so wie Timpler und Lorhard auch taten, Metaphysik und Ontologie als eine und einzige „noetische“ und „supertranszendentale“ Wissenschaft. Letzterem zufolge, dessen Bezugspunkt Perera war11, war Ontologie die Wissenschaft des Seienden und seiner Prädikate, und Metaphysik war eine spezielle Art davon, insofern ihr Gegenstand eine bestimmte Art des Seienden war, nämlich Gott.

    Die St. Galler Mönche kannten Fonseca sehr gut, aber sie übernahmen seine Lehre der Supertranszendentalien nicht. Vielmehr folgten sie Perera, indem sie feststellten, dass der Gegenstand der Ontologie das ‚ens universum‘ sei. Dabei kann es sich keineswegs um ein Supertranszendentalie handeln, denn das ens universum kann in die zehn Kategorien unterteilt werden – welche nur auf das Realseiendes angewendet werden können.

    Auch hinsichtlich der Aufteilung des Wissens in prima philosophia und Metaphysica scheint sich Spiess an Pereyras Lehre orientiert zu haben. Genauer gesagt: so wie Pereyra tat, behauptete Spiess, dass die prima philosophia sich mit dem Studium des universellen Seins (verstanden als Gattung) und der Transzendentalien, während die Metaphysik sich mit den Arten des Seins (species entis), bzw. mit Gott, den Intelligenzen und schließlich den Kategorien, beschäftigen soll. Die Metaphysik von Modestus Spiess war also eine Realwissenschaft, insofern sie den Raum des Realen Seins betritt.

    Diese Anschauung, die dem Lehrangebot der Metaphysik in der Klosterschule St. Gallen zugrunde lag, wurde Jahre später, 1695-1696, im Cursus philosophicus Sangallensis von Celestino Sfondrati (1644-1696), Profess und Abt (ab 1687) in St. Gallen und später Kardinal (1695), explizit formuliert. In diesem Kurs kommen viele der Positionen zum Ausdruck, die in der Metaphysikdebatte in der Klosterschule vertreten wurden und die wie folgt aufligestet werden können: 1. Die Ontologie ist eine Realwissenschaft, weil sie das Realseiende zum Gegenstand hat. 2. Der Bereich der Ontologie schließt das gedankliche Sein nicht mit ein. Die Ontologie beschäftigt sich mit ihm nur im Bezug zu dem realen Seienden. 3. Infolgedessen ist die Ontologie nicht eine supertranszendentale Wissenschaft.

    Endlich erhielt Ontologie im Jahr 1788 ihren eigenen institutionellen Platz und zwar insofern, als sie zu einem echten allgemeinen Lehrfach in der Klosterschule wurde, das in drei einzelne Teilbereiche untergliedert war: Theologie, Psychologie und Kosmologie. Diese disziplinäre Dreiteilung spiegelte die Dreiteilung des Seienden (des eigentlichen Gegenstands der Ontologie) in drei Arten (species entis) wider, so wie sie von Pater Beda Gallus, damals Professor für Philosophie an der Klosterschule, in seiner Disputatio prima complectens ontologiam12 vorgeschlagen wurde. In diesen Schriften wird nämlich Ontologie als Wissenschaft definiert, die das Seiende zu ihrem eigenen Gegenstand hat und über die ersten Prinzipien der Beweislehre, die allgemeinen Eigenschaften von allem, was existiert, nachdenkt und zu den Arten des Seienden (species entis) gelangt – von denen die ersten Gott, die Seele und die Materie sind.

     

    2. Engelberg als Quelle für unsere Rekonstruktion

    Marco Lamanna hat in Schweizer Klosterarchiven zahlreiche Manuskripte, die Vorlesungen über Metaphysik (reportationes) übermitteln, aufgefunden. Diese haben es ermöglicht, eine Art roten Faden durch die Kloster von St. Gallen, Engelberg, Einsiedeln und St. Urban zu ziehen. Wenn man diesem Faden folgt, kann man den Weg rekonstruieren, den die Texte über Metaphysik und Ontologie genommen haben und der die Zirkulation der Ideen und damit die philosophische Bewegung, die wir untersuchen, bestimmt hat.

    Das Engelberger Archiv erwies sich als wertvolle Quelle von Indizien für die Rekonstruktion. Einige wichtige Texte, die den damaligen Diskussionen über Metaphysik und Ontologie in der Schweiz einen starken Impuls gaben, wurden hier gesammelt und sind noch heute aufbewahrt. Gute Beispiele für Indizien, der auch zu philosophisch relevanten Ergebnissen führten, sind die Kodizes 603 und 626, der im Stiftsarchiv in Engelberg aufbewahrt werden. Im Kodex 603 befindet sich handgebunden die gedruckte Disputation, die Simon von Freiburg mit weiteren Benediktinerprofessen in Anwesenheit von Modestus Spiess 1641 in St. Gallen diskutierte, mit dem Titel „Disputatio metaphysica de ente universo decem categoriis definito“. Diese Disputation findet sich im Kodex am Ende von 311 Folia reportationes von Vorlesungen über Metaphysik („Commentatio summaria in libros Metaphysicos Aristotelis“), die der Jesuitenpater Johannes Vogler13 1648 am Gymnasium von Luzern gehalten hat und die von der Hand des Engelbergen Benediktinerschülers Ignatius Betschart (1658-1681)14, niedergeschrieben wurden. Der Kodex 626 übermittelt dieselben Vorlesungen, niedergeschrieben von dem Schüler Gregor Fleischlin (1626-1686)15. Voglers Kurs über Metaphysik, der bereits vollständig transkribiert und kollationiert wurde, erwies sich als etwas mehr als ein einfaches Schulbuch über die Grundlagen der Philosophie. Er zeigt sich nicht als bloßer Nachsager und Autoritätshoriger und obwohl seine umfassende Kenntnis der Referenzquellen unmittelbar ersichtlich ist, fällt dennoch auf, dass er die philosophischen Kernprobleme persönlich durchdachte. Dabei zeigt er ein gewisses Bewusstsein für die zeitgenössischen Probleme der Metaphysik. Der Schreibstil ist auch nicht schulbuchmäßig, sondern er bildet kleine Dialoge, kurze Diskussionen, die die argumentative Struktur der mittelalterlichen Quaestio wiedergeben, die wie folgt gegliedert war: 1. Stellung des Problems in Form einer Frage. 2. Argumente zugunsten einer der beiden möglichen Antworten, denen im ‚sed contra‘ Argumente zugunsten der anderen gegenüberstehen. 3. Lösung des Problems, ergänzt durch eine Reihe beweiskräftiger Argumente.

    Der Text ist reich an inneren und externen Verweisen, die den programmatischen Charakter des Werkes von Vogler zeigen, dessen Ziel soll wohl nicht nur gewesen sein, seine Aufgabe als Lehrmeister fleißig zu erledigen und seinen Schülern eine solide und tugendhafte Erziehung zu bieten, sondern eher eine Art getreues „Kommentarwerk“ zu Aristoteles zu verfassen. Diese Vermutung wird auch durch Voglers Überzeugung bekräftigt, dass die Lehren des Aristoteles den Weg zu einer tieferen Erkenntnis der Wirklichkeit weisen, die er in einem kurzen Vorwort zu seiner Logica peripatetica zum Ausdruck brachte. Hier lesen wir: „Es blühten schon verschiedene philosophische Schulen. Heute ist die aristotelische die bedeutenste. Aristoteles war zwar ein Heide, doch halten wir ihn für von der Vorsehung gesendet, dass er die Fackel der Wahrheit unter der Führung allein von Natur und Vernunft dem christlichen Erdkreis vorantrage.“16

    Voglers Werk wurde von Charles Lohr in dem Katalog Aristotelica Helvetica17 aufgenommen, von dem wir erfahren, dass es (zusätzlich zu der Commentatio summaria in libros Metaphysicos Aristotelis, Kod. 603 und 626) folgende Schriften umfasst, in der Stiftsbibliothek Engelberg aufbewahrt: Logica peripatetica (Kod. 600 und 624), Syllogismus complexus (Kod. 600 und 624), Theses logico-peripateticae de syllogismo simplici (Kod. 600 und 624), Syllogismus complexus (Kod. 600 und 624), Theses peripateticae de corpore simplici (Kod. 602, 625 und 627), Physica peripatetica (Kod. 601 und 627), In libros De caelo (Kod. 602 und 625), In libros De anima (Kod. 603 und 626), In II libros De ortu et interitu (Kod. 602).

    Aufgrund des Interesses, das Voglers Vorlesungen zur Metaphysik zu haben scheinen, wurde beschlossen, mit der kritischen Ausgabe dieses Textes fortzufahren.

    Nun, das Jesuitengymnasiums in Luzern war der Ausbildungsort für die Engelberger Mönche ab dem 17. Jahrhundert. Die Lehrtätigkeit verlief nach der Methode, die traditionell in klösterlichen Kreisen für die Reproduktion von Texten verwendet wurde und sich mit dem Entstehen der Universitäten verbreitete, d. h. durch Diktat an Studenten, die mit der Niederschrift von Lehrmaterial beauftragt waren. Das war genau der Fall der Benediktiner Fleischlin und Bettschart. Am Ende des Kurses in Luzern kehrten die beiden Benediktinerprofessen zusammen mit den von ihnen handgeschriebenen Texten ins Kloster Engelberg zurück. Hier haben Marco Lamanna und ich letztes Jahr viel Zeit verbracht und diese und viele andere Manuskripte, die Lektionen in Metaphysik übermitteln, konsultiert und untersucht.

    Diese Forschungen haben gezeigt, dass das Kloster Engelberg nicht nur der Ort war, auf dem einige Manuskripte metaphysischer Kurse gelandet sind, um dann in den Bibliotheksbeständen vergessen zu werden, sondern dass es bald durch eine interne Schule zum Entstehungsort einer monastischen Metaphysik wurde. Zuerst bei Dominicus Mazugh18 (1607-1642), dann bei Bettschart selbst wurden die Kurse in Metaphysik „im Hause“ gehalten.

    Die bisher von mir durchgeführten Transkriptionen der Handschriften zeigen, dass das von Bettschart und Fleischlin gesammelte und nach Engelberg gebrachte Textmaterial als Grundlage für die im Benediktinerkloster geführten Diskussionen über Metaphysik und Ontologie diente.

    Die Transkriptionen der im Kloster Engelberg von Bettschart und Mazug gehaltenen Vorlesungen über Metaphysik sind größtenteils abgeschlossen und wir werden demnächst auf die philosophische Auswertung näher eingehen. Auf der Basis der bereits erfolgten Transkriptionen können wir aber bereits etwas konkretes über die Beziehungen zwischen den Handschriften und damit über die Zirkulation der philosophischen Lehren zwischen dem Luzerner Gymnasium und dem Kloster Engelberg sagen.

    Bettscharts Metaphysikkurs, dessen Titel „Metaphysica Peripatetica“ lautet, besteht aus 126 Blättern, in denen Bettschart sein eigenes Lehrbuch für seine Studenten in Engelberg entwickelt. Zu diesem Zweck greift er umfassend auf das Material, das er selbst in Luzern niedergeschriebenen hatte, als er Voglers Vorlesungen besuchte. Ich bin noch nicht in der Lage, die philosophische Relevanz dieses Textes zu beurteilen. Aber ich kann einige Textbelege dafür vorlegen, dass Bettschart das Kursbuch seines Meisters in der Hand hatte, als er sein eigenes verfasste.

    Im Folgenden werde ich ein Beispiel für diesen textlichen Beweis zeigen, indem ich die beiden Texte von Vogler und Bettschart vergleiche. Es handelt sich um den Abschnitt über transzendentale Wahrheit.

     

    3. Bettschart, Schüler von Vogler. Textbelege aus dem Codex Engelberg 671

    Die transzendentale Wahrheit wird sowohl von Vogler als auch von Bettschart als die Wahrheit definiert, die jedem endlichen sensiblen Objekt eigen ist, sowohl insofern es der göttlichen Idee entspricht, auf deren Grundlage es von Gott geschaffen wurde (d.h. insofern es das ist, was es ist), als auch insofern es erkennbar ist (d.h. insofern es Gegenstand der menschlichen Erkenntnis sein kann). Diese Art von Wahrheit, die wir auch ontologische Wahrheit nennen könnten, ist dann die Grundlage der epistemologischen Erkenntnis, die das Resultat der kombinatorischen Tätigkeit des komplexen Intellektes ist und durch unsere Urteile in Form eines Satzes ausgedrückt wird, in dem der Intellekt jeden einfachen Begriff, der in Bezug auf ein bestimmtes singuläres Objekt mit seinen Eigenschaften gebildet wird, zusammensetzt. Diese transzendentale Wahrheit ist dem sensiblen Objekt innewohnend und hängt von seiner Übereinstimmung mit der entsprechenden göttlichen Idee ab. Sowohl Vogler als auch Bettschart unterscheiden sie von einer einfachen äußeren Bezeichnung, die vielmehr das Ergebnis des einfachen Aktes der menschlichen Erkenntnis ist, durch den wir erkennen, dass ein bestimmtes Ding genau das ist, was es ist (z. B. ein Mensch oder eine Rose) und nicht ein anderes. In seiner Definition der transzendentalen Wahrheit ist Bettschart jedoch kein bloßer Wiederholer von Voglers Worten (denen er, wie wir sehen werden, manchmal wortwörtlich folgt), sondern er scheint sie ausgearbeitet und durch andere Lektüren ergänzt zu haben.

    Sehen wir uns an, was Vogler in seiner Metaphysica sive Commentatio summaria in libros metaphysicos Aristotelis (Cod. 626, f. 172), sagt:

    Quaeres vigesimoquarto in quo consistat veritas trascendentalis formaliter. Respondeo illam consistere in cognoscibilitate rei sicut est, sive in aptitudine terminandi veram cognitionem creatam ac increatam, sic tamen ut respectus ad cognitionem increatam sit ratio primaria sive a priori veritatis trascendentalis; respectus vero ad cognitionem creatam tamen sit ratio secundaria sive a posteriori explicans trascendentalem veritatem illam. In eo consistit veritas trascendentalis formaliter primario quod quaerenti, quare unumquodque ens sit verum ens redditur per immediata ac essentiali mensura veri, at quaerenti cur Petrus verbi gratia sit verus homo, icon autem Petri non sit verus homo, redditur per immediata ac essentiali mensura veri quod Petrus sit conformis in essendo et immediate ideis divinis repraesentativis realis essentiae hominis, pictura vero non sit conformis in essendo et secundum intrinseca praedicata illis ideis, sed tantum mediante reali entitate hominis, quam per se immediate repraesentat. Conformitas autem cum ideis divinis nihil est aliud quam cognoscibilitas seu aptitudine terminandi cognitionem increatam. Quodsi a posteriori tantum secundariam rationem petas, recte dicitur ideo verus homo Petrus quia sit fundamentum cui conformata cognitio creata non possit non esse veri hominis repraesentativa. Ergo nihil obstat quo minus secundaria ratio veritatis trascendentalis collocari queat in respectu ad cognitionem creatam. Quod autem hic respectus non queat esse ratio primaria patet. Nam alioqui prima regula omnis veritatis esset cognitio creata errari obnoxia, et ipsa veritas cognitionis divinae dependeret ab obiectis creatis, quod falsum esse probavimus.

    Auf die Frage, worin die transzendentale Wahrheit besteht, antwortet Vogler, sie bestehe in der Erkennbarkeit des Dinges als das, was es ist, oder in der Neigung eines Gegenstandes, der Terminus wahrer Erkenntnis zu sein, sei er geschaffen oder ungeschaffen. Allerdings mit dem Unterschied, dass das ungeschaffene Erkennen (d.h. das göttliche Erkennen) die primäre Grundlage der transzendentalen Wahrheit ist, insofern es deren Ursache ist, weil es bei seinen Objekten endet (die seine eigenen Ideen sind, auf deren Grundlage jede Entität erschaffen wurde); wohingegen das geschaffene Erkennen (d.h. das menschliche Erkennen) eine Art Explikation oder Ausdruck dieser transzendentalen Wahrheit ist, weil das geschaffene Erkennen jedes Erkenntnisobjekt genau als das erkennt, was es ist, und in diesem Sinne sein Wesen, seine Essenz oder wir könnten auch sagen, seine Quidditas zum Ausdruck bringt. Auf die Frage, warum Petrus ein echter Mensch ist, das Petrusbild aber nicht, lässt sich daher leicht antworten, dass Petrus der göttlichen Idee vom Menschen vollkommen entspricht (d. h. er besitzt wirklich alle Eigenschaften, die dem von Gott erdachten Menschen eigen sind, wie etwa die Vernunft). Anders verhält es sich mit dem Bild von Petrus, das zum Beispiel auf einem Gemälde dargestellt ist, das nur unmittelbar dem Bild entspricht, das wir uns in unserem Denken von einem konkreten Menschen gemacht haben. Letzteres ist in Wirklichkeit nur ein Abbild von ihm. Der Grund dafür ist, dass das Bild von Petrus nicht wirklich die Eigenschaften besitzt, die einem echten Menschen eigen sind. Mit anderen Worten: Voglers Interpretationsschema orientiert sich hier an dem für die mittelalterlichen Realisten typischen Prinzip der doppelten Homologie der Struktur zwischen göttlichem Denken, der Welt und dem menschlichen Wissen: Gott erschafft die Welt auf der Grundlage der unveränderlichen idealen Modelle, die in seinem Intellekt vorhanden sind, Exemplare von allem, was existiert. Die geschaffenen Dinge und ihre metaphysischen Komponenten sind wiederum die Ursache für die Begriffe und Urteile, die unser Intellekt im Laufe der Erkenntnis in Bezug auf die Dinge und die Sachverhalte der extramentalen Realität ausarbeitet. Die göttlichen Ideen sind die Archetypen, die die Ordnung und Intelligibilität der Welt sicherstellen und letztlich auch die Möglichkeit all unserer wahren Erkenntnis begründen.

    Sehen wir uns jetzt an, was Bettschart in seiner Metaphysica Peripatetica, Cod. 671, f. 578, schreibt:

    Quaeritur primo, quid sit veritas transcendentalis seu in quo consistat. Respondeo, verum nichil esse aliud quam ens cognoscibile sicuti est, seu ens aptum terminare cognitionem veram et cum ea conformari, ut ita sit quemadmodum concipitur seu concipi potest, ita S. Thomas et alii communiter apud Suarez, 7. Met. s. 7, quo sensus etiam S. Augustinus lib. 2 Solil. c. 5 explicat verum, dum ait verum esse id, quod ita se habet, ut videtur cognitori, si velit et possit cognoscere, quam explicationem sequuntur Suarez, Vasquez, Oviedo et recentiores. De hac re pulcherrime differit Lessius De perfectionibus divinis, ubi cum l. 6 d. 8 q. 1 a. 7 dixisset veritatem in genere nichil esse aliud quam conformitatem rei cum sua mensura, per quam sic est formata vel concepta. Subdit, conceptio seu idea divina, qua singula tantum suas species ab aeterno excogitata et in mente divina quasi efficta sunt, est omnium rerum mensura, regula et quasi primum sigillum omnibus impressum, cui omnia sunt conforma, per quam conformitatem singula tantum suas species vera sunt et dicuntur. Si enim quaeram quare hoc sit verus homo, illud vero leo, istud verus bos, verum aurum et non tantum apparens etc., respondetur, ideo quod in essendo sit conforme idaeis divinis repraesentativis realis essentia hominis, leonis, bovis, auri etc. Hinc Suarez d. 8 s. 7 n. 28 ait veritatem transcendentalem esse ipsa entitatem rei, ut constat cognitionem (sive creatam sive increatam), cui talis res conformatur. E contrario falsa sunt, quae cognitioni non sunt conformia et quae apparent, ergo non sunt. Vocatur haec veritas obiectiva, quia est obiectum cognitionis in ordine ad quam explicatur, quae tamen cognitio debet esse formaliter vera, quia eodem modo quo veritas formalis in cognitione reperitur, etiam in obiecto cognitionis veritas obiectiva seu transcendentalis.

    In der Quaestio mit dem Titel “De vero transcendentali” fragt Bettschart, was transzendentale Wahrheit ist. Und er definiert sie als die Erkennbarkeit des Dings als das, was es ist, oder in der Fähigkeit eines Objekts, der Terminus der wahren Erkenntnis zu sein, d.h. so aufgefasst zu werden, wie es wirklich ist. Er bezieht sich, indem er sie sich zu eigen macht, auf die Positionen bestimmter Autoren, die seine Definition der Wahrheit vervollständigen: Sie besteht in der Übereinstimmung jedes Dings mit der göttlichen Idee, auf deren Grundlage es geschaffen wurde. Diese Übereinstimmung ist der Grund dafür, dass jedes Ding wahr ist und als wahr bezeichnet wird. Wenn also jemand fragen würde, warum dies ein wahrer Mensch, das ein wahrer Löwe ist, müsste man antworten, dass sie so sind, weil sie der Idee entsprechen, die sie perfekt abbilden. Und so weit sagt Bettschart nichts Neues im Vergleich zu Vogler und dem traditionellen realistischen Modell. Unmittelbar danach fügt er jedoch etwas hinzu, was in Voglers Vokabular nicht vorhanden war: Mit Suarez fügt er hinzu, dass die transzendentale Wahrheit mit der Entität oder vielleicht könnten wir sagen mit dem Wesen der Sache selbst übereinstimmt, die in der Erkenntnis zum Ausdruck kommt - einer Erkenntnis, der die Sache entsprechen muss. Und diese Art von Wahrheit nennt er "objektive Wahrheit", denn - so Bettschart weiter - so wie es eine Wahrheit in der Operation des Erkennens geben muss, so muss es auch eine Wahrheit im Objekt des Erkennens geben. Bettschart sagt also, dass transzendentale Wahrheit jene Wahrheit ist, die jedem Ding insofern eigen ist, als es ist, was es sein muss, vor allem aber insofern, als es fähig ist, wahre Erkenntnis hervorzubringen. Mit anderen Worten: Transzendentale Wahrheit scheint für Bettschart die Fähigkeit oder das Vermögen jedes Dinges ein Erkenntnisobjekt zu sein, intelligible zu sein, d.h. erkennbar zu sein, als das, was es wirklich ist. Diese Art von Wahrheit unterscheidet sich sowohl von der Wahrheit, die durch den Vorgang des Erkennens entsteht, als auch vom Intellktsakt. Bettschart macht dies unmittelbar danach deutlich (f. 580):

    Veritate autem obiectiva distinguenda est in ente duplex cognoscibilitas seu conformabilitas cum cognitione, etenim: intrinseca et extrinseca. Intrinseca est ipsum ens quatenus se praecise habet ex parte obiecti, sumptum tum eam rationem ad quam terminanda est cognitio. Cognoscibilitas extrinseca est denominatio extrinseca ab actu cognitionis possibilis, quae denominatio, praeter id quod dicit cognoscibilitas intrinseca rationem scilicet termini cognitionis seu intrinsecam capacitatem terminandi cognitionem, dicit formaliter actum ipsum cognitionis. (…) Hinc iam patet veritatem obiectivam transcendentale praesupponi a veritate formali, non contra. Item veritatem formalem desumi a veritate obiectiva, quam praesupponit. Obiectivam autem desumi a formali ad quam praesupponitur et in ordine ad quam a nobis explicatur. Quando enim dicitur veritas obiectiva desumi a formali, sensus alius non est quam veritatem obiectivam esse ita explicandam, ut cum ipsa connectatur cognitio, saltem ut quid posterius seu ad quod praesuppositum terminari posset cognitio. Ubi nullus iam circulus apparet. Si enim quaeras quare cognitio sit vera formaliter, audies quia est conformius veritati obiectivae. Si porro quaeras cur obiectum sit verum, non respondeo quia est conforme cognitioni, sed quia est in se intrinsece apta ad terminandam cognitionem veram independenter ab hoc.

    In Bezug auf die objektive Wahrheit muss man zwei Arten unterscheiden, in denen eine Sache in Bezug auf das Erkennen steht, nämlich: intrinsische und extrinsische Wahrheit. Die intrinsische Wahrheit ist dasselbe Ding, betrachtet als Gegenstand der Erkenntnis und als Terminus für intellektuelle Akte. Die extrinsische Wahrheit hingegen ist eine extrinsische Bezeichnung, die vom Akt der Erkenntnis hervorgebracht wird, welcher sich gerade aufgrund der Fähigkeit des extramentalen Dings, Gegenstand der Erkenntnis zu sein, auf dieses richten und es, sozusagen durch einen intentionalen Akt, erfassen kann, um es genau als das zu erkennen, was es ist, z. B. ein Mensch oder ein Löwe, und eine wahre Erkenntnis hervorzubringen. Die Möglichkeit, dass unsere Erkenntnisoperationen wahre Erkenntnis hervorbringen, beruht also auf der Voraussetzung, dass das Objekt an sich wahr ist. Intrinsisch wahr" bedeutet für Bettschart, dass es den Erkenntnisakt zu beenden vermag, dass es aus sich selbst heraus erkennbar ist und somit zu wahrer Erkenntnis führen kann. Die objektive transzendentale Wahrheit ist somit die Voraussetzung für die formale Wahrheit (sowohl die einfache Wahrheit als auch die epistemologische Wahrheit). Daher, so schließt Bettschart, beruht die Wahrheit unserer Erkenntnis auf der inneren Wahrheit jedes Dings, die eine innere cognoscibilitas ist, aufgrund derer es von uns erkannt werden kann. Mit anderen Worten: Für Bettschart scheint die transzendentale Wahrheit nicht nur die Wahrheit zu sein, die jedem Ding eigen ist, insofern sie mit der göttlichen Idee übereinstimmt, auf deren Grundlage es geschaffen wurde, sondern auch und vor allem die Wahrheit, die jedem Ding eigen ist, wenn man es in Bezug auf uns betrachtet, d.h. insofern sie der Terminus unserer intellektuellen Operationen ist und genau als das erkannt werden kann, was es ist.

    Anschließend setzt sich die Behandlung der transzendentalen Wahrheit in den Texten Voglers und Bettscharts parallel fort, und wir sehen, dass Bettschart das Material, das er als Schüler Voglers in Luzern gesammelt und bei seiner Rückkehr mitgebracht hatte, nicht nur im Hinterkopf behielt, sondern auch abschrieb und für seine metaphysischen Vorlesungen im Kloster Engelberg verwendete. Wie wir in der folgenden Synopsis sehen können, fragen beide Autoren, ob diese intrinsische cognoscibilitas des Objekts, d.h. seine Eigenschaft, den Endpunkt des Erkenntnisakts zu sein, eine reale Beziehung ist oder nicht.

     

     

    Vogler, Metaphysica, Cod. 626, f. 173

     

     

    Bettschart, Metaphysica Peripatetica, Cod. 671, f. 581

    Quaeres vigesimoquinto an praedicta cognoscibilitas seu aptitudo terminandi sit relatio realis.

    Respondeo esse relationem prout abstrahit a reali, et ab ea quae est rationis. Nam loquendo in communi de vero trascendentali ut abstrahit ab ente creato et increato non potest universim requiri relatio realis. Deus enim, cum sit ens et verum ens, tam quoad essentiam quam quoad relationes singularum personarum proprias, non habet per relationem realem quod sit in essentia verus Deus. Neque satis explicari potest quomodo Pater sit verus per relationem ad Verbum, quod est origine posterius.

     

     

    Quaeritur secundo, an praedicta cognoscibilitas seu aptitudo determinandi cognitionem sit relatio realis.

    Respondeo esse relationem, prout haec abstrahit a reali et ab ea quae realis non est, sed rationis. Nam loquendo in communi de vero transcendentali non potest universim requiriri relatio realis. Deus enim, cum sit ens et verum ens, tam quoad essentia quam quoad relationes, non habet per relationem realem quod sit in essentia verus Deus. Neque satis explicari potest quomodo Pater sit verus Pater per relationem ad Verbum, quod est origine posterius, alias difficultates movet de Deo Suarez d. 8 Met. n. 12, de quibus viderint theologi.

     

     

    Beide Autoren antworten, dass es sich durchaus um eine Beziehung handelt - eine Beziehung jedoch, die sowohl von dem, was real ist, als auch von dem, was rein logisch ist, abstrahiert. Und diese transzendentale Wahrheit kann für sich betrachtet, d.h. insofern sie vom geschaffenen und ungeschaffenen Sein abstrahiert, keine reale Beziehung implizieren. Dies zeigt sich daran, dass Gott, der das wahre Sein schlechthin ist, nicht aufgrund einer Beziehung wahr ist, sondern einfach für sich selbst. Leider fügt keiner der beiden Autoren mehr hinzu, und was uns zur Verfügung steht, ist zu wenig, um eine ausführlichere Lehre abzuleiten. Aus dem Wenigen, was wir hier lesen, kann man in Verbindung mit dem, was wir zuvor gesehen haben, sagen, dass die beiden Autoren klar erkennen, dass der Begriff der Wahrheit ein relationaler Begriff ist, weil er, wie wir gesehen haben, einerseits die Beziehung der Übereinstimmung jedes Dings mit seinem idealen Modell und andererseits die Beziehung der Übereinstimmung jedes Dings mit der menschlichen Erkenntnis oder mit einem erkennenden Subjekt umfasst. Und dies in dem Maße, in dem kein Ding einmal erkannt werden kann, abgesehen von der ihr innewohnenden oder intrinsichen Wahrheit, dieser cognoscibilitas, die, wie wir gesehen haben, die Voraussetzung für die Erkenntnis selbst ist. Indem sie leugnen, dass die transzendentale Wahrheit eine reale Beziehung impliziert, leugnen die beiden Autoren einfach, dass die besondere Art von Beziehung, von der hier die Rede ist, eine Beziehung ist, die als Akzidenz verstanden wird, d.h. als eine reale Eigenschaft, die einem Subjekt inhärent ist und die in sich selbst einen Verweis auf eine andere Substanz, den terminus ad quem, enthält (wie es z.B. bei den Ähnlichkeitsbeziehungen der Fall ist, die für die mittelalterlichen Autoren zwei verschiedene Beziehungen sind).

    Schließlich stellen die beiden Autoren die Frage, ob es eine transzendentale Falschheit gibt, und auch hier gehen sie parallel vor:

     

     

    Vogler, Metaphysica, Cod. 626, f. 175

     

     

    Bettschart, Metaphysica Peripatetica, Cod. 671, f. 581

    Quaeres vigesimoseptimo an detur etiam falsum quoddam transcendentale et in quo consistat.

    Respondeo per se non dari falsum transcendentale, dari tamen per accidens respectu alicuius certae rei, nominis aut conceptus, cum quo res aliae propter similitudinem quandam praeter naturae exigentiam comparatur tanquam cum regula quadam ac mensura sui esse, ita merces falsas, falsas pecunias dicimus quae non sunt conformes conceptui quem habemus primo ac per se de rebus, quas nomine mercium vel pecuniarum intelligamus. Oviedo tale falsum p. 3 ait esse quod apparet esse id quod non est, et probabiliter fundat cognitionem sui. Malim dicere quod est difforme regulae non ex naturae exigentia, sed per liberum conceptum assumptae propter similitudinem analogicam rerum.

     

     

    Quaeritur tertio, an etiam detur falsum transcendentale.

    Respondeo per se loquendo non dari. Dari autem per accidens, ratione et respectu alicuius certae rei nominis aut conceptus cum quo res alia propter similitudinem quandam, prater naturae exigentiam comparatur, sic merces falsas, falsas pecunias dicimus, quae non sunt conformes conceptui quo habemus primo ac per se de rebus quas nomine pecuniarum vel mericedum intelligimus. Oviedo loc. cit. p. 3 tale falsum vocat quod apparet esse id quod non est, et probabiliter fundat cognitionem sui. Melius forte definiri posset, id quod est difforme regulae, non ex naturae exigentia, sed per liberum conceptum assumptae propter similitudinem analogicam rerum.

     

     

    Wie man sieht, übernimmt Bettschart wörtlich die Worte seines Lehrers Vogler und verwendet sie für seine Vorlesungen. So antworten beide, dass es keine transzendentale Falschheit in einem absoluten Sinn gibt, sondern nur in gewisser Weise per accidens. Und sie erklären, dass die Wahrheit, verstanden als eine transzendentale Eigenschaft des Seienden, keine Unwahrheit als ihr Gegenteil haben kann, weil diese Art von Wahrheit dem Seienden einfach insofern innewohnt, als es das ist, was es sein soll, d.h. insofern es die Eigenschaften aufweist, die seiner Natur entsprechen (d.h. insofern es ein Mensch oder ein Löwe ist). Andererseits kann eine Sache nicht an sich als falsch bezeichnet werden, sondern dann, wenn sie in Bezug auf unsere Erkenntnisvermögen nicht zu einer getreuen Wahrnehmung des tatsächlichen Sachverhalts in der extramentalen Welt führt (wie z. B. in all jenen Fällen, in denen Falschgeld oder ein Stein, der wie ein Smaragd aussieht, es aber nicht ist). In all diesen Fällen wird eine Sache als falsch bezeichnet, weil sie nicht mit einer Idee, einem Begriff oder einem Namen übereinstimmt, den unser Geist besitzt. Diese Position ist auf die aristotelische Theorie der Wahrheit zurückzuführen, die bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entwickelt wurde und der zufolge die Wahrheit das Ergebnis der Übereinstimmung zwischen dem Urteil des Intellekts und den außerhalb unseres Geistes existierenden Dingen ist. Der eigentliche Gegenstand unserer Erkenntnis ist das Seiende, nicht nur in seiner Einheit, sondern auch und vor allem unter dem Gesichtspunkt seiner metaphysischen Struktur betrachtet. Aus diesem Grund ist es notwendig, die konstituierenden Elemente des zu erkennenden Dings identifizieren und es in seiner Komplexität adäquat repräsentieren zu können, damit wahre Erkenntnis stattfindet. Dies ist aber nur durch einen Satz möglich, denn nur der Satz kann mit dem Seiende verglichen werden und sich als wahr oder falsch erweisen, indem er durch die Verbindung (oder Trennung) seiner einfachen Bestandteile seine komplexe innere Struktur widerspiegelt, und niemals durch einen einzelnen seiner Bestandteile. Daher können streng genommen nur Sätze als wahr oder falsch bezeichnet werden, je nachdem, ob sie die Dinge so ausdrücken, wie sie wirklich sind oder nicht.

    Um zum Schluss zu kommen: Der analysierte Fall macht deutlich, dass Bettschart bei der Abfassung seines Metaphysik-Lehrbuchs das Werk von Vogler nicht nur im Hinterkopf, sondern auch vor Augen hatte. Zusammen mit anderen textlichen Belegen bestätigt dies, dass es eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den metaphysischen Kursen, die in Luzern gelehrt wurden, und denen, die innerhalb der Klostermauern gelehrt wurden, gibt. Die Fortsetzung der Arbeit wird darin bestehen, weitere identifizierte Fälle zu analysieren und die in den Klöstern entwickelten Modelle der Metaphysik zu rekonstruieren, auch um ihre Beziehung zu den jesuitischen Modellen zu bestimmen, aus denen sie hervorgegangen sind. Im Kloster Engelberg, noch mehr als in der Fürstabtei St. Gallen, ist nämlich die Rolle der jesuitischen Metaphysik innerhalb der von den Benediktinermönchen im Haus gehaltenen Metaphysikkurse sehr ausgeprägt: Von der Lösung der Frage nach dem Status der Metaphysik (die auf der Grundlage des Gattungs-Arten-Modells nach verschiedenen epistemischen Feldern strukturiert werden sollte) bis zum Interesse an der Angelologie (was zu langen und präzisen Abhandlungen über getrennte Substanzen führte), von den Diskussionen über Frage zur Intentionalität und zu den Modalitäten der menschlichen Erkenntnis über die Ablehnung der Existenz von etwas, das die Ursache seiner selbst ist (causa sui) bis zu den Diskussionen über die objektive Existenz des Möglichen im Geist Gottes ist der jesuitische Einfluss ganz offensichtlich.


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    Durch diese schnelle und dürftige Auflistung von Informationen habe ich versucht, einen generellen Überblick über den historischen und intellektuellen Kontext zu geben, in dem sich unsere Forschung entwickelt und wie wir sie durchführen. Ziel ist es, wie zu Beginn erwähnt, die Geschichte der Ontologie in dem Land nachzuzeichnen, in dem sie in der frühen Neuzeit erstmals einen Namen erhielt, nämlich in der Schweiz. Es handelt sich um eine ehrgeizige Arbeit, die jedoch bereits erste Früchte trägt. Einige davon wurden auf dem Workshop "Monastica Helvetica. Versuch einer Rekonstruktion (16.-17. Jahrhundert)", die am 2. Dezember 2022 an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern stattfand, vorgestellt. Einige Artikel von Marco Lamanna zu diesen Themen sind derzeit in Vorbereitung, so wie auch die Edition von Voglers Vorlesungen zur Metaphysik. Andere ausgewählte Transkriptionen werden im Open Access veröffentlicht und damit der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt.

     

     

    Anmerkungen

    1 Eine gewisse ontologisierende Interpretation der Metaphysik des Aristoteles wurde jedoch bereits von Al-Fārābī und Avicenna vorgeschlagen und von Duns Scotus und seiner Schule übernommen. Siehe darüber Étienne Gilson, L’essere e l’essenza, Massimo, Milano 1988; Jean-François Courtine, Suarez et le système de la métaphysique, Paris 1990; Pasquale Porro, Prefazione, in: O. Lizzini/P. Porro (a cura di), Avicenna, Metafisica (La Scienza delle cose divine del Libro della Guarigione), Bompiani, Milano 2006 (Il pensiero occidentale), S. LXIV-1388 (erste Ausgabe: 2002); Giovanni Reale, Il concetto di "filosofia prima" e l'unità della Metafisica di Aristotele, Bompiani, Milano 2008 (erste Ausgabe: Vita e Pensiero, Milano 1961).

    2 Die Historiographie definiert dieses Modell (das durch die von Thomas von Aquin vorgeschlagene Interpretation inspiriert ist) als „katholou-protologia “, vgl. die Studien in der vorherigen Fußnote. Rémi Brague verwendete den Begriff von katholou-protologia als erster in seinem Werk Aristote et la question du monde. Essai sur le contexte cosmologique et anthropologique de l’ontologie, Presses universitaires de France, Paris 1988. Danach auch Olivier Boulnois in Être et représentation. Une généalogie de la métaphysique moderne à l'époque de Duns Scot (XIIIe - XIVe siècle), Presses Universitaires de France, Paris 1999 und auch in Heidegger, l’ontothéologie et les structures médiévales de la métaphysique, in Quaestio 1 (2001), S. 379-406, insb. 393-397.

    3 Jacob Lorhard, Ogdoas Scholastica, continens Diagraphen Typicam artium: Grammatices (Latinae, Graecae), Logices, Rhetorices, Astronomices, Ethices, Physices, Metaphysices, seu Ontologiae, Sangalli,1606. Eine erweiterte Edition wurde 1613 veröffentlicht: Jacob Lorhard, Theatrum philosophicum. In quo artium ac disciplinarum philosophicarum plerarumque omnium, Grammatices (Latinae, Graecae et Hebraeae), Logices, Arithmetices, Geometriae, Musices, Astronomices, Ethices, Physices, Metaphysices: Praecepta […] objiciuntur. Editio Secunda, Waldkirch, Basel 1613.

    4 Über die Geburt der Ontologie siehe: Jean-François Courtine, Suarez et le système de la métaphysique, Paris 1990; Peter Ørstrøm, Jan Andersen, Henrik Schärfe, What has happened to ontology, in: Frithjof Dau, Marie-Laure Mugnier, Gerd Stumme (Hrsgg.), Conceptual structures: common semantics for sharing knowledg, Berlin / Heidelberg: 2005, S. 425-438; Marco Lamanna, Sulla prima occorrenza del termine ‘ontologia’. Una nota bibliografica, in: Quaestio. Yearbook of the History of Metaphysics 6 (2006) 557-570; Michaël Devaux/Marco Lamanna, The Rise and Early History of the Term Ontology (1606-1730), in: Quaestio. Yearbook of the History of Metaphysics 9 (2009) 173-208; Joseph Freedman, The godfather of ontology? Clemens Timpler, “All that is Intelligible”, academic disciplines during the late 16th and early 17th centuries, and some possible ramifications for the use of ontology in our time, in: Quaestio 9 (2009), S. 3-40; Ulrik Sandborg-Petersen, Peter Ørstrøm, Towards an implementation of Jacob Lorhard’s ontology as a digital resource for historical and conceptual research in early seventeenth century thought, in: Wido van Peursen, Ernst D. Thoutenhoofd, Adrian van der Weel, Text comparison and digital creativity. The production of presence and meaning in digital text scholarship, Leiden / Boston 2010, S. 57-75; Piotr Jaroszyński, Metaphysics or Ontology?, Leiden/Boston 2018; Marco Lamanna, Zwischen Real- und Supertranszendentalwissenschaft Der Metaphysikunterricht und die ‚Geburt‘ der Ontologie in St. Gallen im Zeitalter der Reformation, in: Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen 39 (2018) 2, S. 69-84.

    5 Clemens Timpler, Metaphysicae systema methodicum, Kezel, Lich 1604.

    6 Rudolph Goclenius, Lexicon philosophicum, quo tanquam clave philosophiae fores aperiuntur…, Francofurti, typis viduae Matthiae Beckeri, impensis Petri Musculi & Ruperti Pistorii, 1613.

    7 Die Geschichte des Erbes von Suárez’ metaphysischem Werk, insbesondere im reformierten Deutschland, ist in mehreren Studien untersucht worden. Vgl. zum Beispiel: P. Petersen, Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland, Meiner 1921; K. Eschweiler, Die Philosophie der spanischen Spätscholastik auf den deutschen Universitäten des siebzehnten Jahrhunderts, in Spanische Forschungen der Görresgesellschaft (Erste Reihe, Bd. 1, Gesammelte Aufsätze zur Kulturgeschichte Spaniens) Aschendorf, Münster 1928, pp. 251-283; Lewalter, Spanisch-jesuitische und deutsch-lutherische Metaphysik des 17. Jahrhunderts, Ibero-Amerikanisches Institut, Hamburg 1935; J.-F. Courtine, Il sistema della metafisica: tradizione aristotelica e svolta di Suárez, Vita e Pensiero 1999. Allgemeiner zur scholastischen Philosophie im 17. Jahrhundert siehe: B. Jansen S.J. Die scholastische Philosophie des 17. Jahrhunderts, in: Philosophisches Jahrbuch des Görresgesellschaft 50.4 (1937), pp. 401-444; M. Wundt, Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts Olms Verlag, Tübingen 1939. Reprint: Hildesheim 1992; Id. Die deutsche Schulphilosophie im Zeitalter der Aufklärung Olms Verlag, Tübingen 1945; U.G. Leinsle, Das Ding und die Methode. Methodische Konstitution und Gegenstand der frühen protestantischen Metaphysik, 2 Bände, Maro, Augsburg 1985.

    8 Die anderen sind Einsiedeln und St. Urban.

    9 Vadian stammte aus einer bedeutenden Familie von Politikern und Händlern. Nach seinem Studium in Wien kehrte er 1518 in seine Heimatstadt zurück. Er war zunächst Ratsherr und dann über 25 Jahre lang Bürgermeister der Stadt. Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Reformation in der Gesellschaft spielte auch der aus St. Gallen stammende Johannes Kessler (1502/03-1574). Kessler verbreitete die Grundsätze der Reformation in der Bevölkerung, aber es waren dann die städtischen Behörden, die die Reformation in St. Gallen offiziell einführten. Im Jahr 1524 beschloss der Stadtrat, dass sich die Predigten ausschließlich auf die Bibel stützen sollten. Eine Reformationskommission, der Vadian angehörte, überprüfte, dass die Predigten so verfasst waren, dass sie mit der Bibel übereinstimmten. Der Gottesdienst wurde abgeschafft. An Ostern 1527 wurde das Abendmahl in der St.-Lorenz-Kirche zum ersten Mal nach dem reformierten Glauben zelebriert. Zu diesem Thema gibt es verständlicherweise zahlreiche Literatur. Für einen allgemeinen und prägnanten Blick auf die Geschichte St. Gallens vgl. Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008394/2017-03-16/. Jehle, M. & Jehle, F.: Vadian der Reformator, Kapitel 4 in: Kleine St. Galler Reformationsgeschichte, St. Gallen, 1977; Wenneker, Erich (1997). "Vadian (von Watt), Joachim", in: Bautz, Traugott (Hrsg.). Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Vol. 12. Herzberg: Bautz. cols. 1003-1013.

    10 Es handelt sich um folgende Disputationen: Disputatio philosopho-theologica de habitibus et virtutibus, St. Gallen 1636; Disputatio metaphysica de ente universo decem categoriis definito, St. Gallen 1641; Disputatio philosophica de scientia, St. Gallen 1642.

    11 Elizabeth M. Rompe, Die Trennung von Ontologie und Metaphysik. Der Ablösungsprozess und seine Motivierung bei Benedictus Pererius und anderen Denkern des 16. und 17. Jahrhunderts (Bonn: Phil. Diss., 1968).

    12 P. Beda Gallus, Disputatio prima complectens Ontologiam, in: Institutiones metaphysicae, quas in usu auditorum philosophiae conscripsit, St. Gallen 1788.

    13 Johann Vogler wurde 1610 in Engen in Schwaben geboren. 1629 oder 1630 trat er dem Jesuitenorden bei. Er lehrte drei Jahre Grammatik und studierte dann vier Jahre Theologie in Ingolstadt. 1639 lehrte er Humaniora in Augsburg und Ingolstadt und 1644-1645 Logik in Konstanz. 1645-48 war Vogler als Philosophieprofessor tätig in Luzern und dann nochmal von 1649-1652, als er Logik, Physik und Metaphysik unterrichtete. Im Herbst 1652 wurde er als Professor für Mathematik und Hebräisch nach Ingolstadt berufen, wo er zehn Jahre tätig blieb. 1664 lehrte Vogler in Freiburg in Br. und 1665 kehrte er nach Luzern zurück. Von 1669 bis 1672 lehrte er in Hl. Schrift. Vogler starb in Luzern im Jahr 1676. Informationen über Voglers Leben sind in den offiziellen Katalogen der Archive des Jesuitenordens zu finden, cf. ARSI (Archivium Romanum Societatis Iesu), Germania Superior 47, f. 157, 172r, 197, 217, 238, 262v, 287, 314v, 341, 372r; Germania Superior 23, f. 31. Vgl. auch Joseph Studhalter, Die Jesuiten in Luzern. 1574-1652. Ein Beitrag zur Geschichte der tridentischen Reform, Stans 1973, S. 340.

    14 Im Jahr 1641 trat Bettschart in das Kloster Engelberg ein. Er studierte bei den Jesuiten in Luzern (1645-1650), wurde 1646 Magister der Philosophie und 1649 zum Priester geweiht. Er war Finanzverwalter des Klosters Engelberg (1650), Professor der Theologie an dessen Schule (1651), apostolischer Notar (1653), Pfarrer von Engelberg (1654) und Abt (1658-1681). Weitere Informationen in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/021239/2004-06-23/.

    15 Im Jahr 1634 trat Fleischlin in das Jesuitenkolleg in Luzern ein und wechselte 1641 in die Klosterschule in Engelberg, wo er im folgenden Jahr seine Gelübde ablegte. Anschliessend besuchte er das Theologiestudium in Luzern, wurde 1649 zum Priester geweiht und wurde später Vikar in Weggis. Im Jahr 1650 wurde er zum Subprior des Klosters Engelberg gewählt, wo er von 1650 bis 1659 an der theologischen Schule lehrte. Er war Pfarrer und Finanzverwalter in Sins (1663-70), Prior (1670) und Abt von Engelberg (1681). Weitere Informationen in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), https://hls-dhs-dss.ch/it/articles/025775/2005-01-24/.

    16 Kod. 624, S. 1-3. Übersetzung aus Joseph Studhalter, Die Jesuiten in Luzern. 1574-1652. Ein Beitrag zur Geschichte der tridentischen Reform, Stans 1973, S. 428

    17 Carolus Lohr, Aristotelica Helvetica: Catalogus codicum latinorum in bibliothecis Confederationis Helveticae asservatorum quibus versiones expositionesque operum Aristotelis continentur, Sonderband 6, Hrsg. von Ruedi Imbach et al., Universitätsverlag Freiburg Schweiz 1994.

    18 Mazughs Werk wurde von Charles Lohr in dem Katalog Aristotelica Helvetica aufgenommen, von dem wir erfahren, dass es folgende Schriften umfasst, in der Stiftsbibliothek Engelberg aufbewahrt: In libros De anima (543n.3), In libros De caelo (543n1), De ortu et interitu (543n2), Tractatus in IV libros De caelis et mundo (523n2), Tractatus in libros De anima (524n2), Tractatus in De ortu et interitu (524n1), Tractatus in libros Metaphysicorum (524n3), Tractatus in VIII libros Physicorum (523n1). Cf. Carolus Lohr, Aristotelica Helvetica: Catalogus codicum latinorum in bibliothecis Confederationis Helveticae asservatorum quibus versiones expositionesque operum Aristotelis continentur, Sonderband 6, Hrsg. von Ruedi Imbach et al., Universitätsverlag Freiburg Schweiz 1994, S. 303.