Pro
Student*innen – was soll das? Diese aktuelle Form des sogenannten Genderns, also des geschlechterbewussten Sprachgebrauchs, löst heftige Debatten aus. Warum? Gerade weil Menschen über die Schreibweise mit dem Sternchen stolpern und darüber nachdenken, was es bedeutet. Sprache und Denken beeinflussen sich immer gegenseitig. Wer behauptet, Frauen seien beim generischen Maskulinum mitgemeint, ignoriert die Forschung, die schon längst das Gegenteil bewiesen hat. Kinder zeichnen Wissenschaftler als Männer, nicht als Frauen.
Obwohl ich mich während meines Germanistik-Studiums intensiv mit Sprache und Denken auseinandergesetzt habe, habe ich die geschlechterneutrale Sprache nicht besonders beachtet. Das änderte sich, als Sarah Springman 2015 ETH-Rektorin wurde. Mit dem Hinweis, dass wir als Mitarbeitende des Bundes zu einer geschlechterneutralen Sprache verpflichtet seien, forderte sie uns in der Hochschulkommunikation auf, dies auch umzusetzen. Ich bin ihr sehr dankbar dafür. Seither habe ich Hunderte von Texten geschlechtsneutral geschrieben. Das hat mich geprägt und sensibilisiert. Gendern ist nicht nur eine Frage des Schreibens – es hat einen direkten Einfluss darauf, wie wir die Welt wahrnehmen.
Ich liebe die deutsche Sprache – ihre Klarheit und Differenzierung. Nur leider liegt da auch ihr Problem: Sie hat im Laufe ihrer Geschichte ein System gebildet, das in Bezug auf Personen binär funktioniert und männliche Elemente bevorzugt. Schnell fällt das Argument, das sei schon immer so gewesen und jeder andere Sprachgebrauch deshalb agrammatisch. Wer so argumentiert, verkennt, dass Sprache immer gleichzeitig normiert und lebendig ist. Sprich, wir brauchen Regeln, können sie aber auch ändern. Leider gibt es beim Gendern nicht eine perfekte Lösung, mit der alle Probleme verschwinden. Alle, die das Gendern rundweg ablehnen, und alle, die fordern, das Sprachsystem nun komplett auszuhebeln, offenbaren mehr über ihre Gesinnungen als über ihre Sorge um die Sprache.
Seien Sie Teil der Lösung, nicht des Problems! Gendern Sie munter drauflos, dort, wo es Sie nicht zu viel Überwindung kostet. Spielen Sie mit den Formen in verschiedenen Formaten, wechseln Sie weibliche und männliche Formen ab. Zeigen Sie in Ihren Texten, dass Sie bewusst mit Genderfragen umgehen – egal wie, egal wie konsequent. Ihre Leserschaft mag vielleicht manchmal irritiert sein, aber die hält das schon aus. Sie selber haben mehr an Bewusstsein zu gewinnen, als an Sprache zu verlieren.