Gesellschaftlicher Nervenkitzel

Mit unangenehmen Fragen den Finger in die Wunde legen und durch konstruktive Streitgespräche Fortschritt erzielen: Das ist das Geschäft der Philosophen! So wird es im Café Kairo behauptet.

    Im Café Kairo in Bern wird im Herbst 2018 jeweils am ersten Montag im Monat ab 19 Uhr philosophiert: Im Fokus stehen dabei diejenigen Themen, mit denen wir immer wieder konfrontiert werden, wie das postfaktische Zeitalter, die #metoo-Debatte, die Frage nach den Grenzen der Toleranz und wie der Mensch für die Entwicklung seiner Identität verantwortlich sein kann.

    Der Berner Professor Claus Beisbart steigt am 3. September mit "Mr. President Trump" in den Ring, um herauszufinden, ob Wahrheit nur ein Konstrukt ist, mit dem wir uns selbst belügen. Wir setzen den Finger dort an, wo es weh tut: Unser Unbehagen an fake news. Gibt es Wahrheit also doch?

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    Ungewöhnlich direkt geht auch die Philosophin Federica Gregoratto an die #metoo Bewegung heran: Sie will wissen, wie wir uns als freie sexuelle Subjekte entfalten können und zeigt, wie wir die sozialen Normen kritisch hinterfragen können, statt Individuen moralisch zu verurteilen. Liebe ist und bleibt gefährlich!

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    Die Philosophie zeigt sich aber noch mehr als Störenfried in den gewöhnlichen Debatten, wenn es um das Thema Selbstverantwortung geht: Der zum Thema Identität forschende Philosoph Christian Budnik diskutiert mit der Psychoanalytikerin Marianne Meister, inwiefern Personen sich ändern und wie man für sich selbst Verantwortung übernehmen kann, wenn man doch gar nicht so genau weiss, wer man einmal sein wird.

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    Auch am Abend, der die Reihe am 3. Dezember abschliessen wird, ist gesellschaftlicher Nervenkitzel angesagt, wenn der Zwiespalt der Toleranz hervorgehoben wird: Einerseits wird Toleranz als Laschheit gegenüber störenden Zuständen angekreidet, andererseits wird sie als Verklemmtheit gegenüber vernachlässigten Unterschieden angegriffen. Die Toleranz wird heftig kritisiert und diskutiert, aber wo sind die Grenzen der Toleranz tatsächlich?

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    Den oft formulierten Vorwurf an die Philosophen lässt der Verein Philosophie.ch nicht gelten: Wo seid ihr bloß, wenn man euch braucht und was nützt ihr überhaupt? „Wer sucht, der findet“, ist eine mögliche Erwiderung bezüglich der mangelnden öffentlichen Wahrnehmung, und zwar „einen reich gedeckten Tisch an Diskussionsstoff“! Das Onlineportal philosophie.ch zeigt auf vielfältige Weise, dass Philosophie viel mehr sein kann, als ein isoliertes Nachdenken im Elfenbeinturm. Über 800 Texte von mehr als 600 Autorinnen laden zum kostenlosen scrollen, browsen und lesen ein. Ob Fake-News, #metoo, Datenschutz oder Verantwortung für den Klimawandel: Die Philosophie nimmt die Themen unter die Lupe. Und auch die Reihe im Café Kairo zeigt, wie die Philosophie mit unangenehmen Fragen die Debatten über Themen des aktuellen Zeitgeschehens anstoßen kann, und jeden einzelnen und somit auch die Gesellschaft zu Reflexion und konstruktiven Streitgesprächen anregt.

    Diese Podcastreiehe war Teil der Artikelserie Philosophie Aktuell. Hier finden Sie einen Überblick über alle erschienen Artikel.

     


     

    Nebenbei

     

    Wie denken Sie über Wissen? Machen Sie einen Test und beantworten Sie die folgenden Fragen:

    1. Wusste man im Mittelalter, dass die Erde eine Scheibe ist?

    2. Ändert sich unser Wissen unter anderem deswegen immer wieder, weil Teile davon durch neues Wissen ersetzt werden?

    Hier finden Sie die Antwort von Claus Beisbart