Lassen Sie uns hier die Diskussion über die Themen des Vortrags weiterführen! Schicken Sie Ihre Beiträge an info@philosophie.ch. Jede Form ist willkommen: es braucht keine Zusammenfassung, Essay oder Replik zu sein, sondern auch Eindrücke, Notizen, Fragen und Kommentare jeder Art sind willkommen, auch gerne unten in der Kommentarspalte!
"Ohrenzeugenbericht" (keine Zusammenfassung) von Philipp Blum
In seinem Vortrag vor rund 150 Personen in Biel (das ihn an des Frankreich der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnere) verteidigte Gabriel das absolute Primat der Ethik, auf der Grundlage eines radikalen Dualismus. Der Mensch passe nicht in die Natur - der Glaube, dem sei so, sei vielmehr der massgebliche Auslöser unserer Selbstzerstörung. Die fälschlicherweise Max Weber zugeschriebene These der "Entzauberung der Welt" ("Naturalismus") sei die "schlechteste aller Ideen": im Gegenteil gäbe (und brauche) es gerade deshalb eine Umwelt- und eine Tierethik, weil der Anthropozentrismus richtig sei.
Daraus folge, dass Ethik nicht eine "randständige Kommentierungspraxis dessen [sein solle], was ohnehin geschieht": bevor wir die Schulen schliessen, brauchen wir eine Ethik der Pandemiebekämpfung; bevor wir irgendwas machen in Wissenschaft, Technik oder Wirtschaft, müssen wir erst wissen, ob wir das machen dürfen; bevor wir Waffen in die Ukraine liefern, müssen wir den Krieg (und die Waffenlieferungen) in unsere Co2-Modelle integriert haben. Dieses unbedingte Sollen, so Gabriel, soll nicht durch taktische Überlegungen verbogen werden, denn der Sinn des Lebens bestünde genau darin: das moralisch Richtige zu tun.
Zudem (unabhängig davon, und eher beiläufig gesagt) gäbe es hier eine prästabilierte Harmonie: was ethisch richtig sei, schaffe auch mehr Wert (und umgekehrt?); auch deshalb sei die katholische Kirche das erfolgreichste Unternnehmmen aller Zeiten, weil sie eine integrierte Ethikabteilung haben.
Markus Gabriel
geboren 1980, studierte in Bonn, Heidelberg, Lissabon und New York. Seit 2009 hat er den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie, Philosophie der Neuzeit und der Gegenwart an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie. Er ist Direktor des interdisziplinären Center for Science and Thought und regelmässiger Gastprofessor an der Sorbonne (Paris) sowie der New School for Social Research in New York City.
Markus Gabriel, „der Denker der Stunde“ [DIE ZEIT], behauptet vom Menschen, er sei obrigkeitsgläubig geworden und erhoffe sich von Autoritäten die Rettung. Besser sei es, der Mensch würde sich wieder als Tier zu begreifen lernen. Da wir immer nur Ausschnitte unserer eigenen Lebensform kennen würden, liesse sich das Tier Mensch nicht technokratisch überwinden und wir täten gut daran, zu einer „epistemischen Bescheidenheit“ zurückzufinden.
Zusammenfassend meint Markus Gabriel: „Wir werden nie alles wissen. Immer wird die Gesellschaft mit der Fehleranfälligkeit des Menschen zurechtkommen müssen. Wir brauchen darum eine Ethik des Nichtwissens.“ [NZZ, 8.9.2021]
Zu diesem spannenden und brandaktuellen Thema, das sein noch in diesem Frühling erscheinendes Buch „Der Mensch als Tier“ behandeln wird, referiert und diskutiert Markus Gabriel am Eröffnungsabend der 11. Bieler Philosophietage.
Markus Gabriel gehört zu den bekanntesten Philosophen der Gegenwart!
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Né en 1980, études à Bonn, Heidelberg, Lisbonne et New York. Titulaire depuis 2009 de la chaire de théorie de la connaissance et de philosophie moderne et contemporaine de l’Université de Bonn, il dirige aussi dans cette ville le programme interdisciplinaire « center for science and thought » (CST) ainsi que le centre international de philosophie (IZPH). Markus Gabriel est aussi régulièrement professeur invité à la Sorbonne et à la « New School for Social Research » de New York.
Désigné comme « le penseur du moment » par le journal Die Zeit, Markus Gabriel prétend de l’homme qu’il est devenu essentiellement révérencieux, au point de placer tout espoir de salut dans l’autorité ; il serait plus judicieux selon lui qu’il se considère avant tout comme animal. Dans la mesure où nous n’aurions alors jamais qu’un accès fragmentaire à notre propre mode de vie, nous autres animaux ne pourrions plus faire l’objet d’une emprise technocratique, et ferions mieux dès lors de revenir à une certaine « modestie épistémique ».
Ainsi qu’il le dit lui-même, « nous ne saurons jamais tout. La société devra toujours et encore composer avec la faillibilité humaine. C’est pourquoi une éthique de l’ignorance est indispensable. » (NZZ, 08.08.2021)
C’est de cette question cruciale, à laquelle est d’ailleurs également consacré son prochain livre à paraître, Der Mensch als Tier, que Markus Gabriel traitera dans la conférence d’ouverture des 11èmes journées philosophiques de Bienne.
Markus Gabriel est l'un des philosophes les plus connus du moment !