#Drohnenkrieg: Biene macht „Brumm“, Drohne macht „Peng“

Ein Plädoyer für den semantischen Artenschutz im asummetrischen Krieg

    Sagt die Maus zur Drohne: „Brummst du, dann flitz´ ich.“ – Sagt die Drohne zur Maus: „Klickst du, dann schieß ich.“ Sagt sich der Duden: „Na zum Glück reden wir noch vom asymmetrischen und nicht schon vom asummetrischen Krieg.“

    Strategische Bionik ist die Mutter. Denn schon Heraklit war sich sicher, dass Krieg der Vater aller Dinge sei. Zugegeben, das altgriechische Wort „polemos“ lässt sich hervorragend mit „Krieg“ übersetzen. Philologen und Philosophiehistoriker freuen sich jedoch stets erneut, auf die Grenzen der Übertragung ins Neuhochdeutsche zu deuten. Zu Recht tun sie das. Was Heraklit alles mit „polemos“ gemeint haben könnte – den sportlichen Wettkampf? – soll uns nicht beschäftigen. Es geht um die großen Dinge im Leben: Bienchen und Blüten! Und da fängt das Desaster schon an, nicht gleich der Krieg, aber zumindest manche Gewalttätigkeit. Können wir – Bienchen, Blüten und das älteste Motiv der Welt mal liegen gelassen – überhaupt etwas sinnvoll in unser Wort „Krieg“ übersetzen? Das hieße ja, dass wir eine Ahnung haben müssten, was Krieg heute ist. Fängt er bei den Disco-Schlägereien in Folge Bienchen und Blüten an? Oder muss man dazu eine Uniform tragen? Drohnen tragen keine Uniformen, die sind traditionell schwarz-gelb mit durchsichtigen Flügeln. Ist das jetzt strategische Bionik, wenn wir die Natur zum Zwecke der Kriegsführung nachbauen? Semantische Bionik betreiben wir allemal. Denn wir gestatten uns von „Drohnenkrieg“ zu sprechen. Man traut sich ja vor lauter Bestürzung schon gar nicht mehr auf´s Feld, so schlecht geht es aktuellen Erhebungen folgend den Honigbienen und Hummeln auf mitteleuropäischen Äckern. Natürlich wollen wir daran gar nicht denken, denn Drohnen sind längst schon keine Insekten mehr, so wie Mäuse auch schon in die postnagiale Phase des Mouse-Pad-Massierens zwecks Handhabung handelsüblicher PCs eingetreten sind. Brauchen wir Kampfdrohnen? Im summetrischen Krieg gegen Glyphosat als gescheite Tierschützer allemal.

    Dürfen wir unbemannte Gefechtsflieger einsetzen? Darüber wird viel diskutiert. Ich erlaube mir eine kurze Antwort, weil das eigentliche Problem wo anders liegt. Ja, wir brauchen Kampfdrohnen – auch die ganz großen mit den Raketen – zumindest für die Gefechtsfeldaufklärung und den Infanteriesupport. Wenn wir Soldat*innen in asymmetrische Konflikte schicken, wo sie mit Hinterhalten, Sprengfallen etc. zu rechnen haben, dann sind wir dafür verantwortlich, ihnen beste Ausrüstung und Ausbildung zukommen zu lassen. Auch die umgangssprachlich als Kampfdrohnen titulierten Flieger gehören hierzu. Schicken wir überhaupt jemanden in den Krieg? Das ist eine andere Frage, und Blechdrohnen als Mittel zum Zweck werden die Häufigkeit von Kriegen nicht erhöhen. Dafür sorgen schon ganz zuverlässig Bienchen und Blüten, umgebaute Autos, Messer, Twitter und AK 47. Nein, wir dürfen Drohnen nicht für gezielte Tötungen und außerhalb des Kriegsvölkerrechtes einsetzen. Reicht das Kriegsvölkerrecht, um den Drohneneinsatz wie er aktuell über Ländergrenzen hinweg in „Kriegen gegen den Terror“ praktiziert wird, zu regulieren? Nein, und das ist auch nur international möglich mit einer Handlungsfähigen UN. Ist die UN, siehe Syrien, handlungsfähig? Ist das ein ernstes Problem, ein Desaster? Ja.

    Und jetzt ergötzt sich so ein Medien- und Technikphilosoph auch noch in Sprachspielen zu sonnigen Bienen und Blümchen – die Dr. Sommer höchst persönlich ins Feuilleton gewebt hätte – bei dem schweren ethischen Sonnenbrand zwischen Umweltkatastrophe und völkerrechtlichem Debakel? Müssen wir uns nicht um dringenderes Kümmern? Ja, aber bei der semantischen Bionik wider der Vernunft semantischen Artenschutzes fängt ein wichtiger Teil an. Betreiben wir semantische Bionik, dann bauen wir sprachlich die Natur nach. Roboter sind übrigens nicht nur ebenso schwer zu definieren wie Drohnen aus anorganischem Material, sondern auch noch „autonom“ und „intelligent“. Regelrecht „smart“ sollen die schon durch die Gegend humpeln. Ist das jetzt noch Spaß oder schon ernst? Wollen wir uns ernsthaft mit Technik kritisch auseinandersetzen ohne zu sagen worüber wir reden? Was haben wir denn über Intelligenz, Autonomie und Krieg zu sagen, während wir über autonom-intelligenten Kriegsroboter in smarten Worten reden?

    Es ist durchaus modisch, die Normativität des Sprechens in manchen Bereichen zu zelebrieren. Betreiben wir feministische Technikphilosophie, dann kommen wir um Gender nicht herum. Der Skandal äußerte sich dann im Begriff der Drohne, der stellvertretend für die (biologisch) männliche Form steht. Eine Art des Zeitvertreibs bestünde dann in der Verneblung des ethischen Desasters, indem frau*man sich errege über das semantische Silencen der Kampf*bienen und das * einfordere als Platzhalter für alle möglichen Geschlechter, die ein Insekt oder Roboter noch haben könnte(n). Ich persönlich möchte davon abraten, da nach meinen Nebelschwaden der Form „Bienchen und Blüten“, „asummetrisch“ oder „sonniger Dr. Sommer webt...“ nicht noch – sprichwörtlich – jeden weiteren Absatz eine neue Sau durch den Blog getrieben werden sollte. Zur Rettung dieses Essays in konstruktiver Absicht: So wie wir biologische Bienen schützen, nicht nur weil sie nützlich sind, so sollten wir auch unsere Worte unter Artenschutz stellen. Wir reden von Krieg mittels „autonom“, „intelligent“ oder „Drohne“. Haben wir im menschlichen Leben nicht schon genug Probleme mit Autonomie und Intelligenz ohne unbemannte Fluggeräte? Mut zur Lücke: neues darf auch neue Namen tragen. Da weiß man dann wenigstens auch, was man hat und was nicht. Dann ist man endlich mal gezwungen sich für neue Technologien mittels neuer Worte Gedanken über deren Bedeutung zu machen. „Drohne? Wie harmlos, das kennen wir doch alles schon von der Blumenwiese!“ Wenn es nach mir ginge, dann sollten Phrasen wir „Drohnenkrieg“ oder „Kampfdrohne“ ins Kabarett verlegt werden. Wir tun den Kriegsopfern keinen Gefallen mit unseren Worten. Warum bleiben wir nur so oft im Mief unserer semantischen Komfortzone?