Corporate Aesthetics

Die Unternehmensästhetik der Millennials

Was sind die gängigen ästhetischen Stile der Millennials? Und wie sind diese als Reaktion auf das Verschwinden des Gefühls der Andersartigkeit im Internet entstanden?

 

    Während die Hipster-Ästhetik eine Rückkehr zu einer unvollkommenen und schmutzigen Vergangenheit darstellt, versucht die Millennial-Ästhetik, aus etwas Ekelhaftem etwas Niedliches und Lustiges zu machen. Der kommerzielle Charakter der Millennial-Ästhetik vermeidet die Entfremdung potenzieller Kundinnen und fördert eine homogene Einfachheit und ästhetischen Minimalismus im Design.

    Schau mal, die Bilder da sind böse!

    KITSCH, KITSCH, KITSCH!! Alles nur Kitsch! Eine vorgetäuschte Schönheit, die es gar nicht ist.

    Vor etwa hundert Jahren wurde der Begriff stark debattiert in akademischen sowie künstlerischen Kreisen. Was macht den Kitsch aus? Die Oberflächlichkeit? Die mechanische Reproduktion? Stylistische Überdeterminiertheit? Die Homogenisierung der Massenprodukte? Ist es gut, wenn man schlechten Geschmack hat? Ist "guter Geschmack" ein Privileg? Worin besteht das Verhältnis zwischen Kunst und Markt?

    Manche deklarierten den Kitsch als satanisch (dort west das Böse), andere als revolutionär (dort entsteht die Demokratisierung der Sinne). Dieser Artikel soll ein Versuch darstellen, die Kitschdebatte zu digitalisieren und gegenwärtige Trends in Graphic Design mit Kitsch2.0 gleichzustellen. Warum sind diese Illustrtationen so anlockend? Und was ist daran problematisch?

    Wir leben in einer flachen Welt

    Eine Welt, in der alle gleichzeitig alles sehen können und sofortigen Zugang zu allem haben, was man gerade wünscht. Alles wird vereinheitlicht, das Spezifische wirkt unpassend, während die Annahme einer einzigartigen Ästhetik ein Gefühl der Allgegenwärtigkeit erzeugt. Wir sollen uns allwissend fühlen, weil uns eine scheinbar unendliche Anzahl von Bildern zur Verfügung steht. Die Sache ist jedoch die, dass all diese Bilder bestimmten Regeln folgen, die sich unserem Blick entziehen. Was uns bleibt, sind die geschliffenen Anwendungen und bearbeiteten Einblicke in das Leben anderer Menschen, die sie uns zeigen wollen. Die Welt an sich ist nicht flach, aber überall, wo wir hinschauen, wurde sie so gestaltet. Das wirft die Frage auf, welche Überzeugungen hinter all diesen Schnittstellen, Werbungen und Beiträgen stehen, die wir in den sozialen Medien für uns selbst erstellen. Welche Funktion erfüllen diese visuellen Formen? Um ein Blick hinter die Kulisse der populärsten Ästhetiken unserer Zeit zu wagen, muss man ihre Entwicklung zurückverfolgen. In diesem Beitrag wird eine Genealogie der praktischen Überlegungen beschrieben, die zur Ästhetik der Millennials geführt haben.

    Die Millennial Aesthetic will es allen recht machen.

    Die Generationen, die mit dem digitalen Raum aufgewachsen sind und gemeinhin als Millennials bezeichnet werden, haben im Laufe der Jahre ihre eigenen ästhetischen Stile entwickelt. Dies war zum Teil das Ergebnis einer technikaffinen Kultur, die sich aus der Enge der Underground-Boards löste, aber auch eine existenzielle Reaktion auf ein scheinbar verschwindendes Gefühl der Andersartigkeit im Internet. Eine der bemerkenswerteren Entwicklungen war das schwer fassbare Konzept des Hipsters. Sowohl der Hipster als auch der Millennial waren Begriffe, die in ihrer Definition unscharf waren, wobei ersterer subkulturell und letzterer generationsübergreifend gemeint war. Beide Begriffe wurden im Laufe der Zeit zu Platzhaltern für das, was «die Kids heutzutage mögen».
    Die Hipster-Ästhetik erinnert an eine unvollkommenere, sogar schmutzige Vergangenheit. Hinter all dem Tweed, den Flanellhemden und der bärtigen Schroffheit steckte der flüchtige Wunsch, in eine Zeit vor der Massenproduktion zurückzukehren, eine Zeit vor dem Internet. Im besten Fall war es ein romantischer Akt der Flucht aus der Enge des digitalen Raums, im schlimmsten Fall der ultimative Verrat daran. So kommerzialisiert sie auch von Anfang an war, so ist doch anzumerken, dass das schmutzige und grobe Flair der holzgetäfelten Heimbrauerei und der nach Patchouli duftenden Schnurrbärte einen Teil des Reizes ausmachte und nicht von vornherein versuchte, die Realität zu beschönigen.

    Einfach, niedlich, lustig und billig

    Im Gegensatz dazu zielte die Ästhetik der Millennials darauf ab, aus etwas Ekelhaftem etwas Niedliches und Lustiges zu machen, oft durch die schiere Kraft des Marketings. Während der Hipster eine klerikale Performance der Ausgrenzung betreibt, versucht die Millennial-Ästhetik, es allen recht zu machen. Der grundsätzlich kommerzielle Charakter der Millennial-Ästhetik vermeidet die Entfremdung potenzieller Kunden, weshalb sie sich für eine bunte Mischung aus verschiedenen Farben und Körpertypen entscheidet. Die homogene Einfachheit und der ästhetische Minimalismus, die das Design der Millennials durchdringen, fördern das Weglassen von Fehlern und Künstlichkeit. Die Tatsache, dass sich die meisten digitalen Unternehmen an diesen Stil halten, scheint für eine Teleologie des Geschmacks zu sprechen: Wir sind endlich bei der objektiven Art und Weise angekommen, wie die Dinge aussehen sollten. Die risikoscheuen Strategien des Designs der Millennials, die sich an der Masse orientieren, lassen den Erfolg billig und einfach erscheinen. In Abkehr von den homogenisierenden Auswirkungen der Unternehmensrichtlinien auf den privaten Raum werden die Spuren der Millennial-Ästhetik ebenso offensichtlich wie allgegenwärtig.

    Das Telefon ist zum grundlegenden Werkzeug geworden, mit dem die Welt wahrgenommen, aufgezeichnet und verbreitet wird. So werden viele Stunden damit verbracht, auf die Bildschirme zu starren. Da erscheint die Aussicht auf sanfte, pastellfarbene Farben geradezu einladend. Der weiche Schleier aus Millennial-Rosa, Rosengold und hellem Orange ist zum begleitenden Farbton geworden, durch den man das Flimmern des Bildschirms am besten genießen kann. Die dämpfende Qualität der hellen Kaugummi-Paletten wird in der Regel von unbedrohlichen Kurven, glatten und abgeschrägten Texturen begleitet, die ein freundliches Gefühl von Sanftheit vermitteln. Die Abschrägung bedeutet eine Abkehr vom Minimalismus der Quadrate, eine Strenge, die der beschönigenden Glätte des flachen Designs zuwiderläuft.
    Andernorts wird dieser Unterschied in subtilerer Form gestaltet, um der Fähigkeit der nach oben strebenden Millennials zu schmeicheln, Produkte zu erkennen, die an sie vermarktet werden. Ein Beispiel für diesen Köder für Millennials ist die flache Illustration.

    Wie heisst dieser Stil?

    Oft wird dieser Stil "Flat Illustration" genannt. Umgangssprachlich wird es von Kennenden als "Corporate Memphis" bezeichnet. Der Begriff wurde von Mike Merrill geprägt, der in der Werbung tätig war, als er den Déjà-vu-Effekt flacher, leuchtender Designs zu erleben begann. Der Name ist eine Anspielung auf die Mailänder Design- und Architekturgruppe Memphis aus den 80er Jahren, ein Kollektiv, das für seine Kindlichkeit und seine spielerische Ablehnung funktionalistischer Stile bekannt geworden ist. Unter anderem haben wir die bunten Muster auf den Bussitzplätzen dieser Gruppe zu verdanken, wie auch die daraus resultierenden stereotypischen Designs der 80er Jahren.

    Corporate Memphis

    Corporate Memphis besteht typischerweise aus minimalistischen Figuren: flache, cartoonhafte Körper, die übertriebene Körperproportionen aufweisen und ihren Körperbau verzerren. Die ethnische Zugehörigkeit dieser Figuren ist unklar, sie entscheiden sich für Farben wie Lila oder Grün. Der Vergleich mit der mailändischen Designgruppe ist nicht fair, denn abgesehen von der Verwendung knalliger Farben könnten die beiden Bewegungen nicht unterschiedlicher sein. Die Gruppe aus Memphis war witzig und provokant. Sie forderte die Selbstherrlichkeit der Moderne heraus und verlieh ihrer gesamten Epoche einen unverwechselbaren spielerischen Reiz. Im Vergleich dazu ist der von Memphis inspirierte Pastellpop, zu dem sich die Flat-Illustration entwickelt hat, ein lauer Versuch, es allen recht zu machen und am Ende niemandem zu gefallen. Flat-Illustration ist eine perfekte Visualisierung der mulmigen Vorstellungen von obligatorischem Spass am Arbeitsplatz, ein Witz ohne Pointe, ein klarer Fall von Humanisierungsstrategie der Unternehmen. Der Stil scheint mit einer zunehmend datengesteuerten und hyper-personalisierten Tech-Welt zusammenzufallen, während er gleichzeitig eine unheimlich nostalgische, fröhliche Stimmung beibehält.
    Der Aufstieg von Corporate Memphis lässt sich auf die Änderungen von Apple im Jahr 2013 zurückführen (Gabert-Doyon, J., 2021). Zu dieser Zeit war «Skeuomorphism» die Norm, da das Design die Dreidimensionalität der Tasten betonen musste, indem es ihnen u. a. eine Abschrägung und Schattierung verlieh, um die Tasten praktisch aus dem flachen Touchscreen herausragen zu lassen. Zu dieser Zeit mussten sich digitale Designs analog zur Realität verhalten. Es musste der Anschein eines tatsächlichen Knopfes erweckt werden. Die Bewegung hin zum flacheren Design impliziert eine Normalsierung des Touchscreens im Alltag. Die Zeitspanne von 2013 zu 2017 erlebte einen massiven Anstieg an der Verwendung von Smartphones. 

    Die neue "Stock Photography"

    Die Version dieser flachen Illustration, mit der die meisten Menschen heute vertraut sind, stammt von der Designagentur BUCK, die 2017 den Styleguide, die Illustration und das Animationssystem für Facebook mit dem Namen Alegria entwarf. Die charakteristischen übergroßen Gliedmaßen und die nicht-repräsentativen Hautfarben sollen ihnen sofort einen Hauch von Universalität verleihen. Der Name leitet sich von dem spanischen Wort für Glück ab.
    Schon bald folgten Unternehmen wie Slack, Shopify und Airbnb diesem Beispiel und beauftragten Illustratoren mit der Erstellung fröhlicher Figuren, die die Nutzer durch ihre oft räuberischen Dienstleistungsvereinbarungen und fragwürdigen Erklärungen des Unternehmenszwecks führen. Es ist erwähnenswert, dass die Orte auf Websites, an denen flache Illustrationen am häufigsten auftauchen, dieselben sind, an denen zuvor Stockfotografien verwendet wurden, deren Herstellung mehr Geld kostet und schwierigere Probleme bei der repräsentativen Darstellung verursachen.

    Standardisierte Flachheit

    Die Allgegenwärtigkeit von Flat-Illustrationen ist heute darauf zurückzuführen, dass sie sich leicht standardisieren lassen; einfache Vektorgrafiken und geometrische Muster sind leicht skalierbar und reproduzierbar. Unscheinbare Figuren. Corporate Memphis ist einfach zu realisieren und einladend. Ursprünglich aus dem Bereich des Tech-Marketings stammend, hat sich der Trend weltweit durchgesetzt und beginnt, durch Oberflächendesign die Welt neu zu gestalten und zu verflachen wie König Midas, dessen Berührung alles in flaches Gold verwandelt. Das Begehrte erstickt und wird unumgänglich.
     
    Ein weiterer möglicher Grund, warum sich große Tech-Unternehmen nicht von dem sterilen Stil lösen können, ist die Tendenz, den Wert der Illustration zu übersehen, wie Hirsh Chitkara anmerkt. In einem Artikel über den Zusammenhang von ästhetischer Repetition und unterbezahlter Arbeit in der Illustrationsbranche erklärt Chitkara, dass Illustrationsarbeiten zunehmend an den niedrigsten Bieter auf Gig-Plattformen vergeben werden. Dadurch wird der Output standardisiert und billig, während Illustratorinnen in einem vogelfreien Wettlauf nach unten gegeneinander antreten.

    "die Glätte der flachen Illustration wie die Glätte der Hülle einer Wurst; sie ist in der Lage, die Beiträge von wer weiß wie vielen Illustratorinnen in sich selbst zu verbergen"

     

    Race to the bottom

    Laut Litebox, einer Organisation, die sich für mehr Lohntransparenz im Designsektor einsetzt, zahlt eine Zeitung für eine viertelseitige Illustration im Durchschnitt zwischen 200 und 500 Dollar. Freiberufliche Illustratoren können kaum einen Gewinn erzielen. Ein Litebox-Mitarbeiter stellt fest, dass "Leute, die mehr als 10 Jahre [oder] mehr als 15 Jahre gearbeitet haben, immer seltener werden". Viele Arbeitnehmer in der Designbranche müssen in ihren 20ern hart arbeiten, um dann mit 30 Jahren in der Designbranche oder anderen Sektoren zu landen (Chitkara, H., 2021). Das Modell der freiberuflichen Illustration ist das der Gig Economy, wo flexible Arbeitszeiten und kurzfristige Einsätze erschwinglicher erscheinen als die rigide strukturierten Arbeitsverhältnisse der älteren Sektoren. Das macht es schwer, sich allein lediglich mit Illustrationen finanziell zu unterhalten, und zwingt einen dazu, Experimente zugunsten einer schnellen, profitablen Arbeit zu unterlassen, die am wenigsten Zeit in Anspruch nimmt und die höchsten Einnahmen einbringt. Dies wiederum belohnt die fleißigsten, günstigsten und produktivsten Künstlerinnen gegenüber denjenigen, die Wert auf echte Innovation legen. Das System der Lieferkette ermöglicht es sogar, dass mehrere Illustratorinnen an einem einzigen Entwurf arbeitenin einem kohärenten, einheitlichen Stil.
     
    Ihre Flachheit bedeutet, dass sie keine einzigartigen Handgesten erfordert, für die nur eine einzige Person stilistisch bekannt ist. Denn je spezifischer eine Illustration ist, desto mehr Zeit muss dafür aufgewendet werden und desto teurer wird es für ein Unternehmen. Ein ganzes Team von Illustratoren könnte problemlos an einem flachen Illustrationsprojekt arbeiten und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Figuren einheitlich aussehen.
    In dieser Hinsicht ist die Glätte der flachen Illustration wie die Glätte der Hülle einer Wurst; sie ist in der Lage, die Beiträge von wer weiß wie vielen Illustratorinnen in sich selbst zu verbergen. Auf der Suche nach einer einfachen Möglichkeit, sich von der Masse abzuheben, wurde dieser Stil der Stockfotografie oder einem anderen, detailverliebteren Interface-Design vorgezogen.
    Aber diese schnelle und einfache Übernahme hat massiv zu einer zunehmend abgestumpften visuellen Kultur im Internet beigetragen, zu einer Anästhesie des Geschmacks. Die Bequemlichkeit des minimalistischen Designs und die damit verbundenen geringen Kosten ermöglichten es auch kleineren Unternehmen mit knappen Budgets, davon zu profitieren und dieselbe ästhetische Ähnlichkeit wie einige der einflussreichsten Unternehmen der Welt zu erreichen. Gleichzeitig konnten sich große Technologieunternehmen als sympathisch, erreichbar und auf die menschliche Interaktion ausgerichtet präsentieren. Für viele sich entwickelnde Start-ups liegt der Schwerpunkt in der Regel auf dem Wachstum der Einnahmen. Aus diesem Grund scheint die Investition in innovative Illustration gefährlicher zu sein als das "pattern-matching", bei dem kleinere Unternehmen bereits etablierte Muster nachahmen, um ein Gefühl der Legitimität zu vermitteln und potenzielle Investoren anzuziehen. Neben finanziellen Gründen gibt es auch einen funktionalen Vorteil, sich an Corporate Memphis zu halten: die umfangreichen Bilddatenbanken für Vektorgrafiken. Seit seiner frühen Entwicklung ist Adobe Illustrator benutzerfreundlicher geworden, so dass skalierbare Vektorgrafiken (SVGs) leicht bearbeitet werden können. Die Animation voreingestellter Vektoren wird zum Kinderspiel, so dass Illustratorinnen fertige Grafiken aus unzähligen digitalen Bibliotheken ausleihen können. Dadurch wird der Produktionsprozess beschleunigt, was wiederum die Expansion und Homogenisierung der technischen Illustration vorantreibt. Es gibt viele abonnementbasierte Vektorbibliotheken, die es den Nutzerinnen ermöglichen, nahtlos benutzerfreundliche Designs zu erstellen. Man kann beobachten, wie Plattformen wie Canva die Produktion von hochglanzpoliertem Flachdesign mit einem Klick auf ein Dropdown-Menü unendlich erleichtert haben. Andere Plattformen sind open-source und ermöglichen es Illustratorinnen, ihre eigene Arbeit mit anderen Künstlerinnen zu teilen, die sich regelmäßig über die neuesten Trends auf den Plattformen informieren. Wiederholungen werden auf struktureller und individueller Ebene möglich.
     
    Heute kann jeder über erschwingliche Archive auf Tausende von anpassbaren flachen Illustrationen zugreifen. Eine wohlwollende Interpretation würde die Allgegenwart der Flat-Illustration als einen Triumph der Demokratisierung von Legitimität bezeichnen; eine Möglichkeit für alle, gemeinsam gleich langweilig und professionell auszusehen. Der Designer David Rudnick bestreitet, dass ästhetische Kameradschaft das ist, was diese unterschiedlichen Anliegen wirklich verbindet. Er behauptet, dass die Verlockung von Corporate Memphis besonders heimtückisch ist und eine Weltanschauung hervorbringt, die darauf abzielt, ihre Nutzer in die Irre zu führen (Gabert-Doyon, J., 2021)
    Rudnick stellt fest, dass die isometrische Perspektive eine beispielhafte Rolle bei der Gestaltung der benutzerfreundlichen Ästhetik von Corporate Memphis gespielt hat, da sich bei der isometrischen Perspektive nichts auf einen Fluchtpunkt zurückzieht und somit auch die Variable der Zeit eliminiert wird. Wie er weiter ausführt, wird dieses Design häufig von Fintech- und Hypothekenunternehmen verwendet. Die Implikation ist, dass die Verharmlosung des Zeitablaufs für Firmen, die Produkte verkaufen, die über längere Zeiträume hinweg abbezahlt werden müssen, fruchtbar sein kann. Die verflachte Allgegenwärtigkeit des Internet-als-alles-auf-einmal hebt den Kontext auf, schafft aber auch die Voraussetzungen dafür, dass aus dem Nichts neue Assoziationen und Perspektiven entstehen können. Wird flach irgendwann flach?

    Neumorphism

    Die Selbstverständlichkeit der Touchscreens und deren Tendenz zur Verflachung bringt bereits neue Visionen einer alternativen Gestaltung mit sich. In Debatten rund um das sogenannte UX/UI (User experience/user interface) wird bereits der Begriff des "Neumorphism" zirkuliert. Im Vergleich zum Reflektierenden Skeumorphism, oder das minimalistische Flat Design bemüht sich der Neumorphism um die Erzeugung einer neuen Form des Minimalismus, die mit gering kontrastierenden Pastelfarben eine sanfte und weiche Aussstrahlung erzeugt, die mit dem Zusammenspiel von Licht und Schattierung eine neue Perspektive erzeugt, die leicht futuristische Züge identifizieren lässt. Ein Blick in die Zukunft? Oder dieselben alten Knöpfe?

    Quellen:

    Gabert-Doyon, J. (2021, January 24). Why does every advert look the same? Blame Corporate Memphis. WIRED UK. https://www.wired.co.uk/article/corporate-memphis-design-tech
     

    Chitkara, H. (2021, August 10). Why is tech illustration stuck on repeat? Protocol — The People, Power and Politics of Tech. https://www.protocol.com/workplace/why-is-tech-illustration-stuck-on-repeat-ask-the-overworked-underpaid-illustrators