Verwirrt bleibt mancher nach einer leidenschaftlichen Debatte über das Grundeinkommen zurück: Geht es um Lohnsubventionen, von der Unternehmer profitieren, um einen Minimalstaat? Oder geht es im Gegenteil darum, sozial Schwachen mehr Geld zu geben? Warum bloß streiten Kommunisten und Marktradikale einig wie nie für – oder auch gegen - ein Grundeinkommen? Wirre Diskussionen rund um die Idee eines Grundeinkommens verfehlen häufig den Kern der Idee. In meinem Beitrag bestimme ich daher zunächst möglichst genau, was ein 'Grundeinkommen' ist und was es nicht ist. Mein Ziel ist es dabei, eingefahrene Debatten zu entwirren und damit zu einer konstruktiven und inspirierenden Diskussion beizutragen, darüber, was Menschen wollen und können. Denn dazu lädt uns die Grundeinkommensidee ein.
'Das Grundeinkommen' schreibe ich, und meine damit spezifischer: die Idee eines bedingungslosen, existenzsichernden Grundeinkommens. Was für ein komplexes Wortgebilde! Schritt für Schritt frage ich daher danach, was hinter einzelnen Wortteilen steckt: Inwiefern ist es ein 'Einkommen'? Was bedeutet 'existenzsichernd'? Worauf verweist der Vorsatz 'Grund-'? Auf welche 'Bedingungen' verzichtet ein 'bedingungsloses' Grundeinkommen?
Irrtum 1: Grundeinkommen verdrängt soziale Infrastruktur
Ein Grundeinkommen ist zunächst ein 'Einkommen', also ein regelmäßiger Geldbetrag, der auf mein Konto wandert. Damit ist es weder eine Wohnung noch ein Lebensmittelgutschein. Über die Vor- und Nachteile von Geldtransfers gegenüber sozialer Infrastruktur schrieben letztes Jahr alle deutschen Zeitungen, in der Debatte um das 'Betreuungsgeld'. Geld ersetzt in diesem Beispiel soziale Infrastruktur – öffentlich geförderte Plätze für Kleinkinder bei Tagesmüttern und in Krippen. Was an sozialer Infrastruktur oder auch Sachmitteln kommt zu einem Grundeinkommen noch hinzu, was aber lassen wir weg? Diese kontroverse Frage ist nicht Kern der Idee: Diese spricht von 'Einkommen', also Geld. Und genau deshalb wirft die Grundeinkommensidee die Frage auf, was 'Geld' kann und was es nicht kann. Sich für ein 'Einkommen' auszusprechen, enthält jedoch noch keine Aussage darüber, was mit Sachleistungen und Infrastruktur passiert.
Irrtum 2: Grundeinkommenshöhen sind losgelöst von jeglichem Kontext bestimmbar
In der aktuellen Diskussion um ein Grundeinkommen kursieren Vorschläge für diverse Höhen dieses Geldtransfers. Ein Grund ist die mit der Grundeinkommensdebatte verwobene Diskussion, dieses mit einer Konsumsteuer zu finanzieren. Wie eine Konsumsteuer die Kaufkraft verändert, ist nämlich noch schwerer vorherzusagen als die Effekte eines Grundeinkommens selbst auf Inflation und Co. Inflation bedeutet aber: Der tatsächliche Wert eines festgesetzten Geldbetrags verändert sich im Zeitverlauf. Peilt ein Grundeinkommen ein spezifisches Niveau an, so lässt sich seine Höhe nur für einen bestimmten Zeitpunkt beziffern. Gewinnen wir einen ersten Eindruck von der möglichen Höhe, indem wir folgende Posten zusammen zählen: Hartz IV-Regelsatz (oder das Schweizer Äquivalent) plus Krankenversicherung plus Warmmiete einer kleinen Wohnung. Durchgerechnet? Der so errechnete 'existenzsichernde' Geldbetrag fällt freilich in München und Basel höher aus als im brandenburgischen Finsterwalde, ist also auch ortsabhängig. Der so errechnete 'existenzsichernde' Geldbetrag pro Person fällt zudem für Singles höher aus als für Verheiratete. Die Beispiele illustrieren, auf welche praktischen Probleme ein pauschaler Geldbetrag stößt. Es ist also schwierig – und in der kontextlosen Abstraktion noch schwieriger –, sich in Form von Zahlen der Höhe eines Grundeinkommens anzunähern. Von nun an werde ich daher nicht mehr mit Zahlen jonglieren.
Irrtum 3: Grundeinkommen will v.a. Einkommen umverteilen
Alle konkreten Modelle eines Grundeinkommens verteilen Einkommen um: Geld fließt von erwerbstätigen Singles zu Familien; vor allem Geldströme innerhalb von Familien verlagern sich. Wer mit dem Grundeinkommen jedoch nun endlich den Reichen Geld wegnehmen und unter den Armen verteilen will, der übersieht leicht: Die Grundeinkommensidee unterscheidet sich grundlegend von anderen Strategien, Einkommen zu verteilen.
Irrtum 4: Grundeinkommen ist Sozialkahlschlag
Deswegen ist es denn auch gar nicht so verwunderlich, wenn manche das Gegenteil befürchten: einen 'Sozialkahlschlag'. Ich erlebte einmal einen Vertreter eines Wohlfahrtsverbands, der furchtsam davor warnte, im Zuge einer Grundeinkommensreform das Kindergeld zu streichen. Seine Furcht war grundlos, denn ein Grundeinkommen übernimmt die Funktion des Kindergeldes zum Lebensunterhalt von Kindern beizutragen zu 100%, ja übertrifft diese sogar. Mit Sachleistungen könnte in Zeiten knapper Kassen ein Grundeinkommen jedoch tatsächlich konkurrieren. Der Ausgang des Wettbewerbs aber bleibt offen: Sinkt z.B. durch kostenloses Schulmittagessen das Existenzminimum, das Eltern von Schulkindern in Geld erhalten? Oder bleibt das Mittagessen mit Verweis auf die Kindergrundsicherung kostenpflichtig?
Irrtum 5: Alle, die von 'Grundeinkommen' sprechen, meinen ein 'existenzsicherndes' Grundeinkommen
Eines nährt die Befürchtung des 'Sozialkahlschlags'. Nicht alle, die von 'Grundeinkommen' sprechen, meinen ein 'existenzsicherndes' Grundeinkommen. Philippe Van Parijs etwa, der die philosophische Grundeinkommensdebatte maßgeblich prägt, spricht dezidiert von einem 'möglichst hohen' Grundeinkommen. Was aber, wenn sein Niveau ein Existenzminimum unterschreitet? Zumindest in Deutschland ist aus verfassungsrechtlichen Gründen dann nur eine Kombination mit der altbekannten Grundsicherung denkbar.
Irrtum 6: Erst Grundeinkommen sichert Überlebensnotwendiges
Viele der üblicherweise als Vordenker eines Grundeinkommens angeführten Philosophen würden sich heute vielleicht für eine Sozialhilfe aussprechen. Sie argumentieren nur für einen Staat, der das physische Überleben aller Bewohner absichert. Zugänge zum Überlebensnotwendigen aber sind in Deutschland, wie auch in anderen Ländern, niedrigschwellig, also mit sehr wenigen Bedingungen, ausgestaltet. Denken wir etwa an Obdachlosenasyle. Selbst die scharf kritisierten Sanktionen für Erwerbslose, die nicht bei Terminen erscheinen oder sich weigern, im Call Center zu arbeiten, sind genau deswegen kein eindeutiger Verfassungsbruch, weil Mieten direkt zu überweisen oder Lebensmittelgutscheine auszugeben, durchaus beim Überleben helfen.
Irrtum 7: Mehr Geld für Arbeitslose durch Grundeinkommen
Ein Grundeinkommen macht in Deutschland eine zusätzliche Existenzsicherung aber sogar erst dann obsolet, wenn es die Höhe des sogenannten 'soziokulturellen Existenzminimums' garantiert. Das besagt Folgendes: Ist das rein physische Überleben durch Sachmittel, durch Brot, Hosen, Wohnung, gesichert, dann kommt zu diesem physischen Überleben noch ein Aufschlag hinzu. Dieser zusätzliche Geldbetrag berücksichtigt den allgemeinen Wohlstand, ermöglicht eine Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben des eigenen Landes - soweit das eine Geldsumme eben kann. Der dementsprechend festgelegte Geldbetrag orientiert sich auch an den tatsächlichen Ausgaben von Geringverdienern. Wie genau berechnet sich der Geldbetrag im Einzelnen? Was gehört alles in den Warenkorb? Nur Zeitungen, Reisen und Eiskrem oder auch Tabak, Bier, …? Halt! Bevor wir uns in diese kontroverse Diskussion verstricken, die leicht den Kern der Grundeinkommensidee überdeckt: Es ist in der Tat diskutierenswert, ab welcher Höhe ein Transfer legitimerweise 'existenzsichernd' heißen darf. Bei der Frage, ob ein existenzsicherndes Grundeinkommen überhaupt begrüßenswert sei, hilft uns die Debatte jedoch zunächst nicht weiter.
Irrtum 8: Rechtsanspruch auf Sozialtransfer erst mit Grundeinkommen
Dann steht da aber noch ein 'Grund' vor dem 'Einkommen'. Das erinnert an 'Grundrechte' wie das allgemeine und freie Wahlrecht. Der Zusatz 'Grund-' verweist in der Tat auf die Natur des Grundeinkommens als eines Rechtsanspruchs, der für alle gleichermaßen und auf die gleiche Art und Weise gilt. Soweit gibt es das aber ja nun schon. - Was? Gibt es schon? Inwiefern? Das 'Grund' findet sich auch in etwas, was wir in Deutschland längst haben: in der 'Grundsicherung', besser bekannt als 'Hartz IV' und 'Sozialhilfe'. Warum steht hier ein 'Grund' davor? Weil auch diese Grundsicherung sich grundrechtlich begründet und damit hierauf ein Rechtsanspruch besteht. Aber wäre das nicht bereits ein Grundeinkommen?
Auf Bedingungen verzichten
Nun ja, es besteht ein Rechtsanspruch für alle gleichermaßen auf diese Grundsicherung und auf andere rechtlich normierte Sozialtransfers - bei 'Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen'. Aha! Und diese 'Anspruchsvoraussetzungen' fallen nun bei einem Grundeinkommen weg? Ja, deswegen bin ich dafür, ein 'bedingungslos' davor zu schreiben. Damit sind wir beim Kern der Idee angekommen: dem Wegfall von Bedingungen. Die Idee eines existenzsichernden bedingungslosen Grundeinkommens beansprucht sogar, auf möglichst alle Bedingungen zu verzichten, also auf
erstens das Eintreten des sogenannten 'Bedarfsfalls'. Sozialleistungen unterscheiden sich heute beträchtlich darin, wer als 'bedürftig' gilt. Vereinfachend lässt sich jedoch sagen: Der Staat ist erst zuständig, wenn jemand sich 'nicht selbst helfen kann'. Um das zu prüfen, reicht kein Blick auf den Kontostand. Als Selbsthilfe zählt ebenfalls, wenn die jeweilige Familie unterstützen oder doch eine eigene Erwerbsarbeit das Geld erwerben kann.
zweitens die 'Gegenleistung'. Hierzu einige Beispiele: Ein zügiges Studientempo – das leisten 'bedürftige' Studierende mit staatlicher Förderung. Soundsoviel nachgewiesene Bewerbungen pro Monat – gelten als Gegenleistungen Erwerbsloser. Kinder erziehen, versorgen und bilden – diese 'Familienleistung' kompensiert in Deutschland das 'Kindergeld'.
drittens den Antrag. Grundsicherung selber beantragen zu müssen, das ist eine Hemmschwelle, die Menschen erfahrungsgemäß von einem Bezug abhalten kann. Eine radikale Bedingungslosigkeit ist sogar mit den kleinsten Mitwirkungspflichten unvereinbar.
viertens die 'Zugehörigkeit zu einer politischen Gemeinschaft'. Diese 'Bedingung', die den anspruchsberechtigten Personenkreis massiv einschränkt, hinterfragt selbst das 'Netzwerk Grundeinkommen' nicht. Nehme ich jedoch den Begriff 'bedingungslos' ernst, dann zielt dieser nicht nur auf ein weltweites Grundeinkommen; ein wahrhaft 'bedingungsloses' Einkommen hängt noch nicht einmal davon ab, ob sich die Weltgemeinschaft als eine politisch verfasste versteht oder nicht.
Ich fasse die Idee eines bedingungslosen existenzsichernden Grundeinkommens zusammen: Jeder Mensch auf der ganzen Welt verfügt antragslos über einen regelmäßigen Geldbetrag, der eine Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermöglicht.
Statt angesichts möglicher Hindernisse die Flinte ins Korn zu werfen, sehen wir uns einmal an, was dafür spricht, an einer Politik zu arbeiten, die von dieser radikalen Idee inspiriert ist. 'Bedingungsloses existenzsicherndes Grundeinkommen' nennen die Meisten eine solche Politik. Gleichwohl wäre 'bedingungsarm' genauer, wenn konkrete Modelle an zwei Anspruchs-voraussetzungen, also 'Bedingungen', festhalten: Grundeinkommen erhalten dann (A) ausschließlich Mitglieder einer politischen Gemeinschaft und (B) nur auf Antrag. Auf die anderen zwei Bedingungen - nachgewiesene Leistung und Bedürftigkeit - verzichten sie allerdings. Das Gemeinsame dieser beiden Bedingungen? Sie orientieren sich hauptsächlich an Erwerbsarbeit. Was ist nun ausschlaggebend dafür, ob wir ein konkretes Grundeinkommen als 'beglückender' oder 'gerechter' als eine soziale Grundsicherung, die sich an Erwerbsarbeit orientiert, begrüßen? Vier zentrale Themen drängen sich mir auf: (1) die Quantität verfügbarer finanzieller Mittel, die Konzeptionen von (2) Leistung und (3) Bedürftigkeit sowie (4) die integrative Funktion von Erwerbsarbeit.
Für die bestehenden Bedingungen spricht …
(1) Für die bestehenden Bedingungen spricht zunächst, Staatsgelder zu sparen, indem möglichst viele Menschen sich auf privatem Wege ihren Lebensunterhalt erwerben. Statt Sozialtransfers zu beziehen, tragen sie dadurch in Form von Steuergeldern selber zu ihnen bei. Man geht davon aus: Geld ist knapp. (2) Zweitens gibt es Gründe, Leistung zu belohnen, wenn es gerecht oder einem gelingenden Leben zuträglich ist, etwas - am besten in Form von Erwerbsarbeit - zu leisten. (3) Drittens fördert ein subsidiärer Staat, Menschen darin, von ihm unabhängig zu leben, eingebunden in kleinere Gemeinschaften, in einem Freiraum, der den Staat nichts angeht. An der Eigenverantwortung für den eigenen Lebensunterhalt - und für den von Familienangehörigen - wächst das Individuum, bis der Staat, idealerweise genau dann, wenn die Eigenverantwortung droht zu überfordern, unterstützend eingreift. (4) Ein viertes Ziel ist, jedem Mitglied der politischen Gemeinschaft Wege zu eröffnen, nicht nur am Konsum, sondern auch an Erwerbsarbeit teilzuhaben. Der wichtigste Grund für dieses Ziel liegt in der 'Arbeitsgesellschaft', die Menschen de facto am besten über ihre Teilhabe am Erwerbsleben integriert. Gleichzeitig hält diese Geflecht anonymer Beziehungen, das aus der geteilten Arbeit entsteht, die Gesellschaft zusammen. - Mögen die Argumente für erwerbsorientierte Bedingungen zunächst überzeugen, teilen sie jedoch ein praktisches Problem: Behörden prüfen 'Leistung' und 'Bedürftigkeit' indirekt und damit ungenau. Möglicherweise gelingt es also einem Sozialstaat, der auf Bedingungen setzt, nicht, seine eigenen Ideale zu verwirklichen.
Für ein Grundeinkommen ließe sich argumentieren …
(1) 'Leistung' aus freiwilliger, intrinsisch motivierter Arbeit, ließe sich nun für ein Grundeinkommen argumentieren, ist produktiver. Sind gar die 'Grenzen des Wachstums' erreicht, liegt es näher, Arbeit und ihre Früchte umzuverteilen, als immer mehr zu erarbeiten. Man geht davon aus: Wir leben im materiellen Überfluss. (2) Ist Leistung nicht gleichzusetzen mit Erwerbsarbeit, sollte dann nicht eine Vielzahl von Tätigkeiten zumindest auf einem Minimalniveau sozial abgesichert werden? Wie misst man dann aber möglichst objektiv 'Leistung', wenn nicht an der Bezahlung? (3) Verletzt das Überprüfen von Bedürftigkeit die Menschenwürde, nehmen Menschen die ihnen zustehenden Transfers aus Scham oder Desinformation nicht in Anspruch, beginnt Bedürftigkeit schon zu einem Zeitpunkt, zu dem sich eine zukünftige Lebenskrise erst abzeichnet, fallen Menschen durch die Maschen, weil sich keines der vielen parallelen Systeme zuständig fühlt, - dann vermeidet vielleicht erst der Verzicht auf Bedingungen nachhaltig, umfassend und prophylaktisch Bedürftigkeit. Ein Fokus auf Grundbedürfnisse gegenüber Lebensstandard unterstreicht diese Argumentationslinie. (4) Und die Teilhabe durch Erwerbsarbeit? Erstens ist die 'Arbeitsgesellschaft' nicht in Stein gemeißelt. Zweitens schließt sie schon heute Viele aus: Erwerbsunfähig Kranke und Behinderte, Kinder und immer mehr RentnerInnen in unserer alternden Gesellschaft. Warum wählen wir den Umweg über Erwerbsarbeit, wenn wir Teilhabe wollen?
Fazit
Es ist also gar nicht so leicht zu sagen: Her mit dem Grundeinkommen! Und auch nicht: Bleib mir weg damit! Denn vorher müssen wir uns ganz grundsätzlich neu darüber verständigen, was wir wollen, persönlich und als Gemeinschaft:
Wie viel gesellschaftlichen und individuellen Wohlstand brauchen wir?
Was ist Leistung?
Was ist Bedürftigkeit?
Woran sollen möglichst alle Teil haben?
Was hält uns als 'politische Gemeinschaft' zusammen?
Welche Rolle soll dabei Erwerbsarbeit zukünftig spielen?
Aufgelistet sind hier Fragen danach, was Menschen wollen und können. Das große Potenzial der Grundeinkommensidee steckt nun darin, diese grundsätzliche Debatte zu entfachen und am Leben zu erhalten. Dabei sollen die Debatten, die auf den genannten 'Irrtümern' in Bezug auf die Grundeinkommensidee beruhen, nicht im Keim erstickt werden. Ich rate jedoch dazu, diese zunächst links liegen zu lassen. Denn sie helfen uns nicht dabei, die Frage zu beantworten, ob wir ein Grundeinkommen als solches wollen. Stattdessen laufen wir Gefahr, uns in den Spiralen spezifischer Modifikationen der Kernidee, hieran geäußerter spezifischer Kritik und weiteren Variationen zu verlieren. Was ich vorschlage, ist also nur, als Erstes darüber zu reden, ob wir eine bedingungslose Existenzsicherung in Geldform überhaupt wollen. Ist die Antwort Ja, dann fragen wir als Nächstes z.B. nach der Höhe eines angemessenen Existenzminimums. Ist die Antwort Nein, so könnten wir uns fragen, ob kleinere Modifikationen uns besser gefielen.
Das Dickicht der rund um das Grundeinkommen sich rankenden Debatten hat sich ein wenig gelichtet. Debatten, die in einem Irrtum darüber wurzeln, was ein Grundeinkommen überhaupt ist, sind für eine normative Beurteilung der Grundeinkommensidee wenig zielführend; die oben formulierte kurze Liste an Fragen hat hingegen zumindest das Potenzial, uns auf der Suche nach dem Weg zu einem möglichst ausgewogenen Urteil zu unterstützen. Denn ein klarer Begriff der Grundeinkommensidee unterstützt einen ergebnisoffenen Dialog mit Überblick.