Eintrag 5

(Zwischen) Bilanz

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    Es ist Zeit für eine kurzen zwischen Bericht. Hat mein kleines Experiment funktioniert? Was waren die Schwierigkeiten? Und wie soll es weitergehen?

    Alle diese Fragen sind berechtigt. Und sie sind auch alle nicht ganz einfach zu beantworten. Denn es ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, sich mit dem eigenen Projekt richtig auseinanderzusetzen. Will man denn schon zugeben, nicht das erreicht zu haben, was man wollte? Und was erreicht man durch diese Erkenntnis? Wird man es das nächste Mal wirklich besser machen?

    Ich weiss es nicht. Das ist wohl die ehrliche Antwort, die ich auf die letzte Frage geben muss – vermutlich auch auf die erste. Vieles habe ich immer wieder falsch gemacht – Arbeit nach Arbeit. Einiges habe ich aber auch dazu gelernt. Und das scheint doch meine Weise, zu philosophieren, verändert zu haben. Auch wenn es unangenehm ist, sich seinen Fehlern zu stellen und auch wenn der Prozess der Veränderung langsam geht, scheint es doch etwas zu verändern – ein klein wenig zumindest.

    Aber jetzt konkreter: Hat das Philosophische Wochenbuch erreicht, was es versprochen hat? Was sollte ich beibehalten? Was verändern?

    Vielleicht nur ganz kurz: Es ist kein Zufall, dass ich diese Fragen gerade jetzt stelle. Vor kurzem habe ich eine neue Stelle angetreten, als Doktorand. Das hat meinen Zugang zur Philosophie noch einmal verändert – professionalisiert, könnte man sagen. Aber es bedeutet auch, dass ich weniger Zeit für kleinere, weniger universitäre Aufsätze wie diese hier haben werde. Da scheint es mir angebracht, kurz zu fragen, ob mein bisher grösster Versuch, ein Projekt in der ausserakademsischen Philosophie in Angriff zu nehmen, geglückt ist oder nicht.

    Damit ich das beurteilen kann, muss ich mir noch einmal kurz die ursprünglichen Ziele des Wochenbuchs vor Augen führen. In der Projektbeschreibung, die ich vor etwas mehr als einem Jahr verfasst habe, schrieb ich etwas davon, die philosophische Methode offenzulegen und unfertigen Ideen einen Raum zu geben. Auch wollte ich mit der philosophischen Darstellungsform experimentieren, um die Limitierungen herkömmlicher Formen des Schreibens zu überwinden.

    Ich denke nicht, dass mir das alles gelungen ist. Ja ich habe in dem einen oder andern Beitrag den Hintergrund von Projekten beleuchtet, oder philosophische Arbeitsschritte hervorgehoben. Und, ja, ich habe sicherlich zuhauf unfertige Ideen produziert. Nur scheint mir, dass ich selten mit der Darstellungsform variiert habe. Die meisten Texte, insbesondere die späteren, sind einem klassisch essayistischen Stil zuzuordnen. Das ist an und für sich nicht schlecht. Aber es ist halt nicht, was ich ursprünglich wollte.

    Was kann ich also tun? Genau weiss ich das auch noch nicht – insbesondere, da ich in Zukunft nicht mehr viel Zeit aufwenden werden kann. Aber ich möchte doch mehr noch ausprobieren. Vielleicht einmal einen Dialog oder eine Geschichte?

    Noch habe ich Hemmungen, so etwas zu probieren. Zu gross ist die Angst, dass es schlecht werden könnte – oder besser: werden wird. Aus diesem Grund habe ich mich bis jetzt hinter dem Essay versteckt. Da kenne ich das Format, habe unzählige davon geschrieben in meinem Studium. Versagen werde ich hier nicht – oder: nicht so schlimm.

    Aber gerade das geht an der Idee des Wochenbuchs vorbei. Es sollte der Raum sein, an dem auch unfertiges ans Licht kommen kann. Und das sollte nicht nur heissen, dass ich unfertige Ideen in fertige Essays packe. Vielmehr sollten unfertige Ideen auch in Unfertigen Textformen erscheinen dürfen. Oder auch fertige Ideen in unfertigem Gewand. Das zumindest nehme ich mir als Ausblick für die Zukunft von diesem Projekt vor.

     

    Post Scriptum: Warum das Rad neu erfinden?

    Der Text liegt schon wieder länger auf meinem Schreibtisch herum – will heissen: auf meinem Computer. Und ich fange an mich zu fragen: stimmt eigentlich, was ich geschrieben habe? Will ich mein Projekt in diese literarischere Richtung weitertreiben? Oder soll sich doch an die Dinge anknüpfen, die ich langsam zu entwickeln begonnen habe?

    Eigentlich läuft alles auf diese eine Frage hinaus: Warum sollte ich das Rad neu erfinden wollen; warum eine neue, weniger akademische Form der Darstellung finden, die kein Essay ist? Der Essay ist nicht ohne Grund ein zentrales Element des philosophischen Denkens geworden. Und ich habe diese Form noch lange nicht gemeistert. Nicht einmal ansatzweise. Sollte ich nicht vielleicht doch daran weiterarbeiten? Gerade auch um die Ideen, die sich in meinem Promotionsprojekt entwickeln, weiterverarbeiten zu können?

    Nun: ich weiss es nicht. Es ist wohl auch nichts, dass ich einfach so entscheiden kann, ohne auszuprobieren, was in den nächsten Texten funktionieren könnte. In dem Sinn schliesse ich diese Zwischenbilanz, ohne ein eindeutiges Fazit gezogen zu haben. Es braucht sicher noch weitere Experimente, um den Gehalt dieses kleinen Projektes genauer bestimmen zu können.

     

    Post Scriptum – zweiter Teil: Abschluss

    Noch mehr Zeit ist vergangen. Und ich bin nicht dazu gekommen, den Text zu publizieren. Ich habe mir fest vorgenommen es jetzt noch zu machen. Denn es ist wohl der Letzte dieser Reihe. Zumindest für eine lange Zeit. Ich bin aktuell nicht in der Lage zusätzlichen Aufwand zu betreiben, um noch Texte zu schreiben, die nichts mit meiner Dissertation zu tun haben. Ich musste dies schon schmerzlich bestellen, als ich versuchte bei Fluchtgeschichten weiterzumachen. Ein Projekt, dass mir noch um einiges mehr am Herzen liegt als die Wochen buch. Dort habe ich das Gefühl, so klein es auch ist, etwas bewirken zu können. Hier, so gerne ich diese Form des Schreibens ausprobiere, so eigennützig kommt sie mir auch vor: Ich schreibe hier privat, für mich, ohne auf die Welt nennenswert zu reagieren. Betreibe nur Selbstanalyse in einer Zeit, wo gerade philosophische Analysen der Welt gefragt wären. Vielleicht ist das auch etwas hart. Aber so kommt es mir gerade vor. Deshalb: An die Menschen, die das hier gelesen haben, ich vermute, es waren wohl nicht viele, auf Wiedersehen und Danke!