Tierethik - Eine Übersicht
Spätestens seit der australische Philosoph Peter Singer 1975 sein berühmtes Buch „Animal Liberation“ veröffentlicht hat, ist die Tierethik ein Thema im philosophischen Diskurs weltweit. Unter anderem im Zuge des Aufschwungs der klimaethischen Diskussion wächst das Interesse an tierethischen Themen auch in der öffentlichen Diskussion rasant. Es sind beispielsweise der direkte Zusammenhang zwischen Fleischkonsum (speziell der industriellen Nutztierhaltung) und Klimaschäden sowie ein daran gekoppeltes wachsendes Interesse an Begriffen wie ‚Tierwohl‘ und ‚Würde des Tieres‘, die der Tierethik Raum im öffentlichen Diskurs verschaffen.
Die Belege für diesen Trend sind vielfältig. Sie sind zum Beispiel erkennbar im Konsumverhalten. Einer Statistik zum Verbrauch von Lebensmitteln des Bundesamts für Statistik der Schweiz lässt sich entnehmen, dass der Fleischkonsum stark rückläufig ist. Während Schweizer und Schweizerinnen im Jahr 1980 jährlich noch 64 Kilogramm Fleisch pro Kopf verbraucht haben, waren es 2020 nur noch 47,4 Kilogramm.[1] Während diese Entwicklung nicht allein auf tierethische Überzeugungen zurückzuführen ist, auch Überzeugungen bezüglich gesundheitlicher Faktoren spielen häufig eine Rolle bei reduziertem Fleischkonsum, so ist der Trend dennoch klar. In der Schweiz wird deutlich weniger Fleisch gegessen. Diese Entwicklung spiegelt sich zum Beispiel im Produktangebot der Migros, eines der grössten Detailhandelsunternehmen der Schweiz, wider. Die Migros verzeichnet seit 2013 ein Wachstum der vegetarischen und veganen Produktkette im zweistelligen Prozentbereich pro Jahr.[2]
Im öffentlichen Diskurs wurde die Aktualität von Tierrechtsfragen unter anderem bereits mit einer Gesetzesänderung 2003 greifbar. Seither gelten Tiere im Zivilgesetzbuch der Schweiz nicht mehr als Sachen. Neben solchen juristischen Vorstössen ist die öffentliche Diskussion immer stärker von der Tierrechtsdiskussion geprägt. Die Anhänger der Jugendbewegung „Fridays for Future“ fordern für das Erreichen des 1.5 Grad-Ziels nicht nur von der Politik die Anpassung von Richtlinien bezüglich des CO2-Ausstosses, sondern von Konsumenten auch die Reduktion von Fleischkonsum. Zudem hat die Corona-Pandemie, die den öffentlichen Diskurs und die Medienwelt nach wie vor dominiert, erneut gezeigt, wie gefährlich vor allem der Handel mit Wildtieren, aber auch Nutztieren, sein kann. Zoonosen, so heissen Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, wie die Vogelgrippe und jetzt das Corona-Virus stellen in der globalisierten Welt ein zunehmendes Risiko dar und stehen im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung. Die Tierrechtsdiskussion ist eng mit diesen Problemen verzahnt.
Auch politisch ist das Thema aktuell. Die Gruppe Sentience Politics lancierte im Jahr 2022 in Basel erstmals eine Initiative, die Grundrechte für Primaten fordert und setzt sich für die Abschaffung der Massentierhaltung in der Schweiz ein.
Diese Entwicklungen zeigen, dass der Bedarf nach Diskussion von tierethischen Fragen gross ist. Während vor allem die Naturwissenschaften eine zentrale Rolle in der Corona-Pandemie gespielt haben, gibt es in der Debatte um tierethische Fragen konkrete Anknüpfungspunkte für die akademische Philosophie. Um einen Beitrag zu dieser Debatte zu leisten, rückt Philosphie.ch auf der Plattform veröffentlichte Texte rund um die Tierethik erneut ins Zentrum.
[1] Quelle: Schweizer Bauernverband, bfs: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/land-forstwirtschaft/ernaehrung/konsum-gesundheit.assetdetail.15784812.html
[2] Quelle: nau.ch https://www.nau.ch/news/wirtschaft/vegan-zertifiziertes-sortiments-bringt-migros-starkes-wachstum-65549551
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