Schauplatz Ethik

Eine Besprechung

    Mit “Schauplatz Ethik” hat der Zürcher Lehrmittelverlag LMVZ ein farbiges und innovatives Lehrmittel für Philosophie herausgebracht. Zielgruppe sind die 1. Primarklasse bis zur Sekundarstufe A, B, C (Sek I), das heisst Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 16 Jahren. Dort stehen im Rahmen des Fachbereichs “Mensch, Natur, Gesellschaft”, seit 2014 der Lehrplan 21 eingeführt wurde, auch "Philosophieren über menschliche Grunderfahrungen” und ethische Fragen auf dem Programm (Siehe Artikel zu ERG). “Schauplatz Ethik”, will mittels bunten Wimmelbildern alltagsnah und stufengerecht zu solchen Fragen hinführen (vgl. dazu auch unser eigenes Wimmelbuchprojekt).

    Autorenteams aus Expertinnen und Experten im Bereich Fachdidaktik, Pädagogik und Lehrpersonen aus der Praxis haben “Schauplatz Ethik” so konzipiert, dass die Wimmelbilder, die sogenannten “Schauplätze”, jeweils an die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen anschliessen. So sind im ersten Band, der sich an die 1. und 2. Primarklasse richtet, Szenen aus dem Familienleben und der Schule zu sehen, während der 4. Band, der sich an die 7.-9. Klasse richtet, auch Szenen aus der Berufswelt zeigt.

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    Die Schauplätze zeigen Szenen, die die Kinder und Jugendlichen zum Denken anregen sollen. Der Schauplatz “Schwimmbad” zeigt beispielsweise ein Mädchen im Burkini und zwei Kinder, die sich den Rücken eincremen. An solche Situationen aus dem Alltag lässt sich im Unterricht leicht anknüpfen. Anhand des letzteren Beispiels lassen sich etwa Fragen nach “Nähe und Distanz” diskutieren.

    Das Lehrmittel dient dabei als Anstoss, während die Lehrperson das nötige Fachwissen einbringt und den Unterricht nach dem sogenannten “Fünf-Finger-Modell” des Didaktikers Ekkehard Marten strukturiert. Marten geht in seinem Modell davon aus, dass Philosophieren eine elementare Kulturtechnik ist und sich fünf Werkzeugen bedient:

    1. Phänomenologie: Bewusst wahrnehmen, was geschieht und was das auslöst
    2. Analytik: Begriffe klären. Was genau bedeutet das? Was ist davon ähnlich oder davon verschieden?
    3. Hermeneutik: Verschiedene Sichtweisen verstehen. Was denken andere? Wie ist etwas gemeint?
    4. Dialektik: Argumente abwägen. Was spricht dafür? Was dagegen?
    5. Spekulation: Fantasieren und weiterdenken. Was wäre wenn…? Was könnte auch ganz anders sein?

    Wie die Diskussionen inhaltlich ausgehen, bleibt dabei offen. “Schauplatz Ethik” will keine moralischen Inhalte vermitteln, sondern die Fähigkeit schulen, eigene moralische Standpunkte zu entwickeln. Im Gegensatz zum bekannten Trolley-Dilemma, anhand dessen gerne Tugendethik und Konsequentialismus verhandelt werden, nimmt das Lehrmittel keinen Bezug auf klassische philosophische Traditionen. Auf der Webseite des Lehrbuchverlags heisst es zum Philosophieverständnis:

    “‘Philosophieren’ wird [bei Schauplatz Ethik] als Möglichkeit des Nachdenkens verstanden, welche das Lernen in der Schule anregt und begleitet. Als Ausgangspunkt dient die Frage: Was ist ein gutes Leben und wie kann man es führen? Schülerinnen und Schüler sollen lernen[,] über Erfahrungen, Werte und Normen nachzudenken. Sie sollen sich eigener Werte bewusst werden, sie zu denjenigen anderer in Beziehung setzen und kontroverse Einschätzungen diskutieren. Dabei lernen sie grundlegende Wertkonzepte wie Gerechtigkeit, Freiheit, Solidarität, Verantwortung oder Menschenwürde kennen, sie fokussieren Themen mit Methoden des Philosophierens und erweitern ihre Sichtweisen.”

    Die insgesamt vier Bände mit Begleitmaterial für Lehrpersonen sind hier erhältlich.