Mit dem Dezember ist nun auch der letzte Monat des Blogs „Philosophie aktuell“ angebrochen. Wir werden in diesem Monat wieder spannende Beiträge zum Themenkomplex „Gedanken“ lesen dürfen. Die Blogbeiträge sind thematisch breit aufgestellt und greifen aktuelle Aspekte der Kulturphilosophie, Ethik und Moralphilosophie, der Erkenntnistheorie und Logik sowie auch der Kunst- und Literaturphilosophie auf. Wir werden vor Augen geführt bekommen, wie vielfältig und auch alltagsbezogen die aktuellen Themen sind, die philosophisch untersucht werden.
Den Anfang macht Dr. Alexander Fischer mit seinem Beitrag „Ist Manipulation immer moralisch verwerflich?“ (veröff. 03.12.). Die Manipulation, so Fischer, konfrontiert uns mit einer Art Kontrollverlust. Aber ist die Manipulation deswegen immer verwerflich? Fischer antwortet zunächst mit: „Ja und nein.“ Bevor sich Fischer aber über die Verwerflichkeit der Manipulation Gedanken machen wird, möchte er zuerst klären, was Manipulation eigentlich ist. Er definiert Manipulation also als eine Form der Einflussnahme (durch Veränderung der Affekte) auf Handlungsoptionen. Die Handlungsoption erscheint durch die Einflussnahme angenehmer oder unangenehmer – das heißt zudem, dass in der Folge die Handlungsoption wahrscheinlicher oder eben unwahrscheinlicher. Dabei ist die Ebene des Fühlens relevant für die Manipulation. Fischer schreibt dazu: „Werden wir manipuliert, spüren wir etwas, da kriecht etwas unter die Haut – unser Denken, die Suche nach rationalen, guten Gründen, wird ins Fühlen hinübergestupst und so mindestens mit Irrationalem ‘kontaminiert’.“
In Situationen der Manipulation treffen also Rationalität und Irrationalität bzw. Emotionalität irgendwie aufeinander. Doch wie genau? Und in welchen Fällen ist sie moralisch verwerflich? Dies expliziert Fischer schön am Beispiel von Shakespeares Othello. Mithilfe des Othello-Beispiels führt Fischer zudem drei Prinzipien oder Kriterien an, um am situativen Beispiel jeweils feststellen zu können, ob die jeweilige Form der Manipulation als verwerflich oder akzeptabel einzustufen ist.
Am 10.12. erscheint zudem ein Übersichtsartikel aller Einführungstexte zum Blog „Philosophie aktuell“.
In „Kulturindustrie und das Primat des Ökonomischen“ (17.12.) legt Ulrike Ramming zunächst einige Überlegungen aus Adornos berühmten Kapitel zur Kulturindustrie (aus Dialektik der Aufklärung) dar. Ausgehend von Adornos Argument über das Massenmedium sowie dem Zusammenhang von technischen Voraussetzungen und ökonomischem Bedarf zeigt Ramming auf, dass der bereits 1943/44 verfasste Text eine bemerkenswerte Aktualität aufweist. Denn, so Ramming, die Digitalisierung der neuen Medien (im Bereich von Film und Musik sind das beispielsweise die Streamingdienste) wirble viele Strukturen auf, verändere und erzeuge Lücken. Ist das eine neue (aktuelle) kulturpessimistische Diagnose im Geiste Adornos?
Alexandra Zinke schreibt in ihrem Blogbeitrag „Weiß nich‘, mir egal!“ Über Meinungsenthaltung und ihre praktischen Folgen“ (24.12.) über die Möglichkeit, dass Meinungsenthaltung in gewissen Situationen– entgegen ihres schlechten Rufs - rational sein können. Manchmal ist die Enthaltung sogar die angemessene, korrekte Einstellung oder auch die objektiv adäquate Position, so Zinke.
Ausgehend vom Beispiel einer Wettervorhersage („50% Regen“) und anderen alltäglichen 50%-Aussagen bestreitet Zinke den Weg, um zu erläutern, was es denn bedeutet, wenn wir etwas glauben bzw. etwas nicht glauben. Wir können etwas nicht glauben, weil wir es für falsch halten. Oder wir können etwas nicht glauben, weil wir uns einer Meinung darüber enthalten. Zinkes These ist, dass die Meinungsenthaltung oft aus moralischer, praktischer und rationaler Perspektive angemessen sei. „Es gibt vieles, das uns nicht interessieren muss.“, schreibt sie. Doch wie sieht es mit den Fällen aus, in denen es einen praktischen Druck gibt, sich eine Meinung zu bilden? Auch da gilt, so Zinke, dass bei zu geringer oder ausgewogener Evidenz dafür oder dagegen, die Meinungsenthaltung die rationale Rückzugsoption sei. Zinke versteht es, auch gute Beispiele für Situationen bereit zu haben, in denen genügend Informationen vorhanden sind und man trotzdem von einer rationalen Meinungsenthaltung sprechen kann.
Zu guter Letzt dürfen wir von Stefan Häusler den Beitrag „Künstlerische Intelligenz – KI-Darstellungen und ihr Einfluss auf unsere KI-Interpretationen“ (31.12.) lesen. Ihn interessiert, woher eigentlich die Neigung kommt, der AI so viel Macht zuzusprechen (im positiven wie auch im negativen Sinn) und verweist auf einige Blogs wie auch auf den öffentlichen Diskurs. Häusler führt einige historische Beispiele aus der Kunst an, die sich mit naturwissenschaftlichen Themen oder de facto mit „künstlichen Intelligenzen“ beschäftigen. Bekannt sind die Beispiele der künstlichen Intelligenz in Menschengestalt „Olimpia“ aus Hoffmanns „Sandmann“ oder auch die Homunculi aus Goethes „Faust“. Philosophisch scheint es so, so meint Häusler, dass „künstliche“ Intelligenzen auch immer die Frage der „menschlichen“ Intelligenz und dem Menschsein an sich mit sich führen. Er schließt mit der These, dass es wiederum gerade auch bestimme Kunstgüter sein können, die uns einen kritischen Umgang mit der AI, der weder in pessimistischer Abneigung als auch in zujubelndem Akzeptieren enden muss, aufzeigen und beibringen. Denn Kunstgüter bieten uns aus kunst- und literaturphilosophischer Sicht sehr direkt die Möglichkeit, ein Thema oder einen Sachverhalt aus einer uns zunächst fremden Perspektive zu betrachten., um dieses Thema dann in unserem Wertesystem neu zu beurteilen.
Viel Lesevergnügen wünscht Philosophie.ch!