Stimmen aus dem Studium

Wie Studium und Job vereinen?

Wie viele Studierenden arbeiten eigentlich neben dem Studium? Was muss ich beachten, wenn ich neben dem Studium arbeiten möchte? 

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    Studieren ist längst kein Luxusprodukt mehr, denn der Grossteil der Studierenden geht neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nach. Wie wichtig die Vereinigung von Studium und Job ist, ist dabei sehr individuell. So ist es ganz anders, mehrere Tage die Woche nebenher zu arbeiten oder einige Wochen in der vorlesungsfreien Zeit. Dies kann insbesondere für Studierende, welche nicht aus einem akademischen Umfeld stammen, einige Fragen zur Organisation und Vereinbarkeit von Job und Studium aufwerfen. Dieser Erfahrungsbericht soll etwas Licht ins Dunkel bringen mit Hilfe konkreter Zahlen und Eigenerfahrung.

     

    Einige Zahlen

    "Das Bachelorstudium ist nicht darauf ausgelegt, neben dem Studium zu arbeiten. Das können Sie im Master machen" - Dieser Satz fiel nachdem ich während den Besuchstagen eine/n Professor/in gefragt hatte, wie viel man denn etwa neben dem Studium arbeiten konnte. Ich war verwirrt; so hörte man doch überall von Studi-Jobs und wie sonst sollte ich meine Miete bezahlen. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich einige Statistiken zu Rate gezogen (alle vom Bundesamt für Statistik). Rund 70% aller Studierenden in der Schweiz arbeiten neben dem Studium. Inwiefern diese Erwerbstätigkeit die eigenen Kosten deckt, ist jedoch sehr individuell. So werden bis zum 25. Lebensjahr durchschnittlich 60% der Ausgaben durch die Familie gedeckt. Dies verändert sich mit zunehmendem Alter stetig. Arbeiten 70% der 21-25. Jährigen maximal 20%, finanzieren sich ältere Studierende hauptsächlich selber. Die monatlichen Ausgaben variieren dabei je nach Wohnform:

    Ausgaben studierende wohnform

    Die soziale Lage der Studierenden darf dabei auch nicht ausser Acht gelassen werden. Rund die Hälfte der Studierenden an den Universitäten haben mindestens einen Elternteil mit Hochschulabschluss. Bei Studierenden mit Migrationshintergrund der zweiten Generation ist dieser Anteil am tiefsten – 42% haben ein Elternteil mit Hochschulabschluss. Bemerkenswert ist dabei, dass ein Fünftel der Studierenden der zweiten Generation Eltern ohne nachobligatorische Ausbildung aufweisen, während es bei der Gesamtheit der Studierenden nur 5% Prozent sind. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Gruppe durchschnittlich am meisten Schwierigkeiten im Studium aufweist. Die Gründe für einen defintiven Studienabbruch sind am häufigsten Selbstzweifel oder Zweifel am Sinn des Studiums (53%). Stress oder Mühe, Job und Studium vereinen, sind leicht häufiger genannt als das Nichtbestehen von Prüfungen. Bei steigender Erwerbstätigkeit rutscht das Studium mehr aus dem Fokus und man denkt eher über einen Studienabbruch nach.


    Diese Zahlen helfen zu veranschaulichen, dass zwei Studierende völlig verschiedene Erfahrungen beim gleichen Studiengang aufweisen können. So können beide Probleme mit Motivation und Prüfungsstress aufweisen, aber wenn eine/r von beiden einer regelmässigen Erwerbstätigkeit nachgeht, viel selbst finanziert, Migrationshintergrund hat und nicht aus einem Akademikerhaushalt kommt, kann diese Person mit zusätzlichen Belastungen konfrontiert sein. 

     

    Wo kann ich Teilzeit studieren?

    Die Möglichkeit, nicht Vollzeit zu studieren ist jeh nach Universität und Studienwahl unterschiedlich. So ist beispielsweise das Bachelorstudium an der ETH als Vollzeitstudium ausgelegt und kann schlecht mit einer höheren Erwerbstätigkeit vereint werden. Studiert man beispielsweise Wirtschaft oder Recht an der UZH, so verfallen erworbene Leistungen nach 5 Jahren. Jeh nach dem werden jedoch Podcasts bei solchen Studiengebieten aufgezeichnet, was sich wiederum einfacher mit einer Erwerbstätigkeit vereinen lässt als fixe Vorlesungszeiten. Heisst das, man kann bei einem Vollzeitstudium keinem Nebenjob nachgehen? Das würde ich so nicht sagen; es ist durchaus möglich einige Wochen in der semesterfreien Zeit zu arbeiten oder an ein, zwei Abenden zu kellnern. Ich würde bei einem Vollzeitstudium mit einem kleineren Prozentsatz anfangen und während des ersten Semesters einschätzen, wie viel Erwerbstätigkeit drin liegt. Es ist einfacher, einen weiteren Nebenjob zu suchen oder sein Pensum zu erhöhen als sich von Überarbeitung zu erholen oder verpasste Prüfungen nachzuholen. Falls ein Vollzeitstudium gewählt wurde, das das Arbeiten erschwert, kann ebenfalls ein Darlehen eingefragt werden. 

    Erwärbstätigkeit von studierenden nach fachbereich

    Bei geisteswissenschaftlichen Fächern ist es oftmals einfacher Teilzeit zu studieren. Ich beispielsweise hatte vom Studienplan her praktisch keine Einschränkungen und konnte so viele Seminare oder Vorlesungen besuchen, wie ich in diesem Semester wollte (Universität Fribourg, Hauptfach Philosophie, Nebenfach Geschichte). Es lohnt sich daher, vor der Studieneinschreibung die Reglemente und Richtlinien der jeweiligen Uni, der Fakultät und des Departementes zu konsultieren. Es kann auch hilfreich sein, die Studierenden des geplanten Studiums anzufragen. Die meisten Studienrichtungen besitzen eine Fachschaft, welche aus Studis besteht, welche man per E-Mail um Tipps oder Informationen bitten kann.

     

    Welche Art von Job eignet sich neben dem Studium?

    Es gibt eine Reihe von Jobs, die neben dem Studium ausgeübt werden können – da kommt es sehr auf die individuellen Bedürfnise an. Der Vorteil an regelmässigen und strukturierten Arbeitszeiten ist jener, dass man genau weiss, wann und wie viel man arbeitet. Ich arbeitete jahrelang am Wochenende in einer Migros. Der Nachteil solcher Jobs ist wiederum, dass man unflexibel ist und das Studium und die Freizeit um diese Arbeitszeiten herum planen muss. Am Wochenende nie was mit Freunden machen können oder Donnerstagnachmittags die geliebte Vorlesung nicht nehmen können, kann einen einschränken. Abends in einer Bar oder Restaurant zu arbeiten kann daher vorteilhaft sein, aber auch sehr erschöpfend. Flexiblere Home Office Jobs haben den Vorteil, dass auf wenigere Sachen verzichtet werden muss und man sich die Arbeit selbst einteilen kann. Das wiederum hat den Nachteil, dass viel mehr organisatorische Energie eingesetzt werden muss und man nie wirklich abschalten kann. Für gewisse funktioniert das eine, für gewisse das andere. Wenn du eher jemand bist, der prokrastiniert und etwas Mühe mit Planung und Struktur hast, würde ich zu einem Job mit fixen Arbeitszeiten raten. Es lohnt sich ebenfalls, immer mal wieder Jobangebote zu durchsuchen und sich für verschiedene Sachen zu bewerben. Manchmal landet man in einem Job, der kein traditioneller Studi-Job ist oder mit der eigentlichen Ausbildung nichts zu tun hat.

    Es kann frustrierend sein, einem Job nachzugehen, der mit dem eigentlichen Studiengebiet nichts zu tun hat. Genauso kann es aber auch motivierend sein, da man sich dann mehr aufs Studium freuen und fokussieren kann. Ich selbst habe meine Zeit in der Migros als angenehm empfunden, da ich am Morgen auftauchen konnte und genau wusste, was zu tun war. Jetzt wiederum schätze ich die Flexibilität meines Home-Office Jobs, der mir erlaubt, meine Freunde und Familie zu besuchen. Das Wichtige: wenn der Job zu viel Energie verlangt und man dem Studium nicht nachkommt, ist es besser, sich etwas anderes zu suchen, ausser man möchte in diesem Gebiet weiter aufsteigen.

     

    Wie plane ich Studium und Job im Alltag?

    Die Planung ist natürlich ebenfalls individuell. Mir persönlich hilft es, während des Semesters Zeitblöcke für Dinge wie das Lesen von Texten für Seminare, Hausaufgaben, Verfassen von Arbeiten, usw. einzuplanen. Irgendwann ist es in der Routine, dass man jeden Mittwochnachmittag die Texte für die kommende Woche liest. Zu Beginn des Semesters muss man selbst abschätzen, wie viele Credits man dieses Semester erreichen möchte, wenn man Teilzeit studiert. Auch wenn ein Credit (ECTS) mit einem Arbeitsaufwand von 25-30 Stunden pro Woche kalkuliert ist, kann der Arbeitsaufwand meiner Erfahrung nach sehr variieren. Gewisse Arbeiten erledigt man schneller, gewisse kleine Prüfungen beinhalten einen grossen Lernaufwand. Als Richtwert ist es jedoch nützlich.

    Wurde ein Job mit flexibleren Arbeitszeiten gewählt, kann ähnlich vorgegangen werden und konkrete Zeitblöcke in der wöchentlichen Planung festgehalten werden. Meiner Erfahrung nach muss dabei auch etwas Übergangszeit eingeplant werden; es braucht Energie von einer Aufgabe (Studium) in eine andere zu wechseln (Erwerbsarbeit). Auch bei einem Jobs mit fixen Arbeitszeiten muss Erhol- und Übergangszeit eingeplant werden.

     

    Fazit

    Es ist in vielen Fällen möglich, neben dem Studium zu arbeiten. Jedoch besteht oft Unklarheit darüber, wie viel gearbeitet und selbst bezahlt werden kann. Daher fand ich es nützlich, einige Statistiken zu Rate zu ziehen. Viele dieser Dinge waren mir zu Beginn des Studiums nicht klar und es hätte mir geholfen, ähnliche Artikel lesen zu können. So war ich zu Beginn des Studiums etwas verwirrt darüber, wie ich meinen Job und das Studium vereinen konnte, da ich völlig verschiedene Dinge hörte. Deswegen hoffe ich, dass dieser kurze Artikel etwas Klahrheit schaffen konnte.

     

     

    Quellen:

    Bundesamt für Statistik, Soziale und wirtschaftliche Lage der Studierenden.

    Bundesamt für Statistik (22.11.2021), Studien- und Lebensbedingungen an den Schweizer Hochschulen.
    Hauptbericht der Erhebung 2020 zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden.

    Bundesamt für Statistik (09.07.2021), Hochschulen: Soziale und wirtschaftliche Lage der Studierenden nach Hochschultyp.