Erfahrungsberichte aus den Mittelschulen

Meine Erfahrungen am Gymnasium am Münsterplatz

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    Meine Gymnasialzeit war durchzogen von vielen ersten Malen: persönlich, schulisch wie auch professionell. Es war da der Sprung von einer Gemeinde in die Stadt, von einem gefestigten Freundeskreis in das Abenteuer eines neuen Umfelds. Eine neue Selbstständigkeit, die dann doch nicht wirklich weit reichte. Die widerwillige und durch Flucht geprägte Suche nach einem permanenten Ding, das «Ich» ist, in einer Zeit der konstanten Veränderungen. Der erste ‘rechte’ Ferienjob. Dazu kam die erste Chance meine schulische Laufbahn massgeblich mitzugestalten: ich entschied mich als zweiter Jahrgang mit dieser Möglichkeit für das Schwerpunktfach PPP (Philosophy, Pädagogik und Psychologie) mit International Baccalaureate am Gymnasium am Münsterplatz. Diese und eine Vielzahl weiterer solcher ersten Male sind zeichnend für meine Jugend und eben auch Zeit am Gymnasium am Münsterplatz, wo ich die Jahre zwischen 15 und 18 verbracht habe. Ein kleiner Teil davon war der Philosophieunterricht. Ich sage «klein», weil mir erst zwei Jahre nach Abschluss des Gymnasiums allmählich bewusst wurde, wie bedeutend er tatsächlich für mich war: nämlich in den ersten beiden Bachelorsemestern. Mit dem Unterricht im Gymnasium verbunden war ein neues Aufleben meines schulischen Ehrgeizes, zumindest in den Fächern Deutsch und Philosophie, wofür ich den entsprechenden Lehrpersonen dankbar bin.

    Meine Wahl fiel darum auf das Gymnasium am Münsterplatz, weil der Schwerpunkt PPP damals im Raum Basel allein dort angeboten wurde. Inzwischen und nach einem vehementen Einschreiten der Öffentlichkeit kann das Schwerpunktfach an weiteren Gymnasien gewählt werden. Der Philosophieunterricht war deshalb so faszinierend, weil Sprache und das Medium Text eine zentrale Rolle darin spielten. Die Philosophie öffnete die Tür für unzählige neue Fragen und lieferte oftmals schwer verständliche und unzufriedenstellende Antworten darauf. Eine erste Begegnung mit Texten von Kant und Aristoteles (zu beiden arbeite ich heute nicht mehr) gaben mir ein Gefühl für die historische Bedeutung und das Alter von bestimmten Fragen und Debatten. Mehr noch als im Geschichtsunterricht bekam ich durch die Philosophie einen Eindruck der Zeitlosigkeit von Ideen und Argumenten, dem Denken, vermittelt. So betrieb ich Philosophie im Gymnasium als ein Spiel, das mit Textlektüre, Argumenten und einigem Kopfzerbrechen gespielt wurde: eine Schule für das Denken, die Spass machte, sich aber in dieser Reflexion erschöpft. Erst mit der Studienwahl entwickelte sich in der Verknüpfung mit konkreten ethischen Fragen ein Verständnis für das Potential der Philosophie als Wissenschaft und damit eine Leidenschaft.

    Die Inhalte des Unterrichts kann ich nur vage aus der Erinnerung wiedergeben, möchte dies aber an dieser Stelle tun. Grundlage für den Unterricht war das Einführungswerk Zugänge zur Philosophie. Ganz am Anfang standen die berühmten vier kantischen Fragen:

    1. Was kann ich wissen?
    2. Was soll ich tun?
    3. Was darf ich hoffen?
    4. Was ist der Mensch?

    Anhand dieser wurden wir in die verschiedenen Bereiche der Philosophie eingeführt. Vom naiven Realismus über das Ergon-Argument von Aristoteles bis hin zu Einführungen in die Philosophie der Zahlen reichten die Themen. Durch regelmässiges Schreiben von philosophischen Essays und der Wiedergabe von Argumenten in Form von Kurzvorträgen wurden wir gut auf die universitäre Unterrichtsform vorbereitet. Gleichzeitig war die Philosophie das Fach, wo die meisten von uns Mühe damit hatten einzuschätzen, was die zentralen Punkte sind, wie man sich auf eine Prüfung oder Essay vorbereiten sollte und wie eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit philosophischen Themen eigentlich aussieht. Trotzdem war das Fach beliebt und die Diskussion oft sehr lebendig. Von etwa 16 Personen aus meiner Philosophieklasse studiere heute nur ich weiter das Fach. Ich weiss aber aus Gesprächen, dass viele weiterhin das Philosophieren wie auch die während des Gymnasialunterrichts erworbenen Fähigkeiten schätzen. Obschon sie auf die Frage "Was machst Du denn mit Deinem Studium später mal?"  oft schneller und klarere Antworten finden, hat uns die Begegnung mit der Philosophie allen neue Perspektiven aufgezeigt und unser Denken strukturiert und geschärft; allein dafür lohnt sich ein Ausflug in die Philosophie.