Jürg Freudiger
Ich habe in den Achtzigerjahren in Bern Philosophie studiert und war dann einige Jahre lang als Assistent am dortigen Institut angestellt. Meine sehr gut angelaufene akademische Karriere habe ich aus einer ganzen Reihe von Gründen mitten in den Arbeiten für meine Habilitation abgebrochen.
Eingestiegen bin ich als Texter in die Welt der Werbung, zunächst in einer Werbeagentur, dann selbstständig. In meinem Bekanntenkreis reagierten damals viele mit Unverständnis, weil ihnen Werbung und Philosophie unvereinbar schienen. Warum man das denkt – und wieso ich das ganz und gar nicht so sehe –, ist ein abendfüllendes Thema.
Natürlich muss man für die Arbeit in dieser Branche ein Flair für Werbung haben, man muss Spass haben am Fabulieren, am Sprache gestalten, letztlich auch am Verkaufen; und man darf natürlich keine Berührungsängste haben mit Branchen, die einem nicht so nahe sind, etwa der Welt der Banken.
Was mir von meinem philosophischen Rüstzeug hilft, ist die Fähigkeit, sich schnell in fremde Begriffswelten und Denkmuster hineinversetzen zu können; die Begrifflichkeiten anzunehmen und dann aus der entsprechenden Denke heraus zu arbeiten. Anders als viele Leute meinen, geht es bei der Werbung nicht darum, lustige Sprüchlein zu erfinden. Sondern die Frage zu beantworten, welche Aspekte eines bestimmten Produkts für eine bestimmte Zielgruppe relevant sein könnten; und diese Aspekte dann in eine gute Story zu verpacken und zu inszenieren. Das beinhaltet eigentlich immer eine spannende Kombination von Grips und Kreativität und kann bisweilen recht komplex werden. Das Resultat sollte aber möglichst einfach sein. Denn alles, was sich sagen lässt, lässt sich klar sagen.